Streit um Berlinhilfe wird schärfer

■ Berliner Koalitionsverhandlungen von Waigels Sparplänen überschattet/ SPD spricht von Affront

Berlin (taz) — Die gegenwärtigen Verhandlungen zur Bildung einer großen Koalition in Berlin werden durch neueste Bonner Sparpläne belastet. Noch-Bürgermeister Walter Momper und der Berliner Finanzsenator Norbert Meisner (beide SPD) warnten gestern vor „Verteilungskämpfen“ und „unabsehbaren sozialen und politischen Auswirkungen“, wenn Bundesfinanzminister Theo Waigel seine anvisierten Kürzungen bei der Bundeshilfe für Berlin wahrmache.

Am Donnerstag war ein Brief Waigels an Finanzsenator Meisner bekanntgeworden, in dem dieser nicht nur eine von der Berliner SPD und CDU gemeinsam für notwendig erachtete zusätzliche Bundeshilfe von knapp sechs Milliarden Mark ablehnte, sondern auch eine Kürzung der bereits zugesagten Berlinsubventionen um eine Milliarde in Aussicht stellte. Das Schreiben sei in einer Härte abgefaßt, so Momper in einem RIAS-Interview, die kaum noch zu überbieten sei.

Momper bot sich an, gemeinsam mit dem designierten Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) nach Bonn zu fahren, um dort um die Höhe der Berlinhilfe zu verhandeln. Bislang scheitert dieses Treffen am Desinteresse Kohls, der noch nicht einmal einen Termin allein für seinen CDU-Landesvorsitzenden freimachen will.

Die Berliner Sozialdemokraten machen mittlerweile die Bildung einer großen Koalition davon abhängig, daß zumindestens eine „globale“ Klärung des finanziellen Rahmens vorab erfolgt ist. Der ursprünglich vorgesehene Termin für die Regierungsbildung ist bereits von 11. Januar auf Ende des Monats verschoben worden.

Der Streit zwischen Waigel einerseits und den Berliner Parteien andererseits geht auch darum, ob sich das Gesetz über die Bundeshilfe nur auf den Westteil der Stadt oder auf ganz Berlin bezieht. Waigel hängt ersterer Interpretation nach und argumentiert, Ost-Berlin erhalte auch Leistungen aus dem Fonds Deutsche Einheit und dürfe gegenüber den anderen östlichen Bundesländern nicht privilegiert werden.

Demgegenüber wies Finanzsenator Meisner in einer gestrigen Pressekonferenz darauf hin, daß in Ost- Berlin rund 4,6 Milliarden Mark Einnahmen aus Steuern und Gebühren sowie aus jenem Fonds Deutsche Einheit Ausgaben von 10,6 Milliarden Mark gegenüberstehen. Außerdem lasse sich der Vergleich zwischen Ost-Berlin und den anderen neuen Bundesländern so nicht herstellen, da in Waigels Berechnungen zum Beispiel notwendige Investitionen nur mit der Hälfte der Kosten wie in West-Berlin berechnet worden seien. Auch der Westen der Stadt sei weiterhin auf finanzielle Hilfen angewiesen. Diese habe bisher rund die Hälfte des Haushaltsvolumens ausgemacht. usche