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Gedrängel um Bodenschätze: Japan-Hilfe für Moskau

Nippons Bosse wollen mit Milliardenhandel Gorbatschow stützen  ■ Aus Tokio Georg Blume

Was die Regierung in Tokio nicht vermag, das erledigen die Wirtschaftsmächtigen im Lande für sie. So lautet eine Grundregel japanischer Innenpolitik. Nun aber haben Nippons Wirtschaftslenker einen Kernbereich der japanischen Außenpolitik an sich gerissen. Zu Wochenbeginn trafen sie eine wichtige Vorentscheidung über Japans Beziehungen zur Sowjetunion — und zwar gegen die Regierung.

Während eines symbolischen Festaktes zum neuen Jahr verkündeten die Vorsitzenden der vier führenden japanischen Arbeitgebervereinigungen in Tokio ihre Bereitschaft, in der UdSSR Hand anlegen zu lassen. „Trotz der bestehenden Einschränkungen sollte Japan alle Anstrengungen unternehmen, der Sowjetunion beim Wirtschaftsaufbau beizustehen“, erklärte Gaishi Hiraiwa, frischgewählter Vorsitzender des Unternehmerverbandes Keidanren. Hiraiwa, dem in Japan gelegentlich der Titel „Premierminister der Wirtschaft“ beigestellt wird, widersprach damit öffentlich dem von der Regierung seit Jahrzehnten festgeschriebenen Moskau-Kurs.

Der nämlich besagt, daß Japan die wirtschaftlichen Beziehungen zur Sowjetunion solange ruhen lasse, bis Moskau vier nach dem zweiten Weltkrieg annektierte Fischerinseln der Kurilen-Kette an Tokio zurückgebe. Keidanren-Chef Hiraiwa setzte dem am Montag entgegen: „In der Verbesserung der sowjetischen Wirtschaftslage liegt heute der Schlüssel zum Weltfrieden.“

Auf solch große Worte wollen Japans führende Unternehmen rasch Taten folgen lassen. Noch am Montag verkündete Gaishi Hiraiwa ein medizinisches Carepaket seiner Organisation in Höhe von mehreren Millionen D-Mark, jedoch als mehr symbolischen Akt. Den ernsthaften Summen aber widmen sich alsbald die wirklich Großen. Erst am Wochenende hatte ein Sprecher des Handelshauses Nissho Iwai einen bisher einmaligen Kooperationsplan der sechs führenden japanischen Handelshäuser öffentlich bestätigt, der einen Tauschhandel mit der Sowjetunion in der Höhe von einer Milliarde Dollar vorsieht. Demnach wollen die japanischen Unternehmen Nahrungsmittel, Medikamente und Computer liefern und im Austausch dafür sowjetisches Rohöl beziehen. Beteiligt seien neben Nissho Iwai die Firmen Mitsubishi, Mitsui, Itoh, Sumitomo und Marubeni, deren jeweilige Konzerngruppen allesamt unter die zehn größten der Welt fallen. Ihr gemeinsames Vorgehen verweist auf einen breiten Konsens in der japanischen Geschäftswelt.

Nach Berichten japanischer Zeitungen findet der Unternehmerplan auch in Kreisen der liberaldemokratischen Regierungspartei Unterstützung, in der einzelne Politiker bislang vergeblich für eine Versöhnung mit der Sowjetunion plädiert hatten. Premierminister Toshiki Kaifu hatte sich demgegenüber in seiner Neujahrsansprache erneut gegen einseitige wirtschaftliche Vorleistungen an die Sowjetunion ausgesprochen. Japan und die Sowjetunion haben aufgrund ihres Territorialstreits bisher keinen Friedensvertrag unterzeichnet. Im April will Michail Gorbatschow als erster sowjetischer Führer nach dem Krieg Tokio besuchen.

Selbstlos ist die japanische Unterstützung freilich nicht — vor allem die südkoreanische Konkurrenz, von außenpolitischen Hemmnissen nicht ganz so belastet, wirft bereits begehrliche Blicke nach Norden. Und soeben ist der sowjetische Vizeaußenminister Igor Rogatschew bei Staatspräsident Roo Tae-Woo in Seoul eingetroffen — mit einem Brief Gorbatschows, in dem er zu mehr südkoreanischen Investitionen in der UdSSR auffordert.

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