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■ Lothar Schmitz Energy Band

Als Miles Davis 1985 mit kalaschnikowschem Schnellfeuergewehr, goldener Rolex und bösen Blick unterm schwarzen Krempenhut fürs Cover seiner Platte »Under Arrest« beim Fotografen posierte, ahnte er vielleicht bereits, daß es mal wieder Ärger mit der Journaille geben würde. Nicht wegen der Knarre. Davis, der das Bild vom bösen Schwarzen längst für seine Zwecke umfunktioniert hatte — weißen Reportern sagte er, er würde fortan nicht mehr mit ihnen reden, wegen ihrer Hautfarbe — hatte das Sakrileg begangen und sich an einem Popsong vergriffen. »Time After Time«, Cindy Laupers wirklich schönen Knudeldudelsong hatte er trompetenmäßig so angenehm veredelt, daß mal wieder alle blöd fragten: ist das denn überhaupt noch Jazz? Darf der denn das?

Wie ich jetzt wieder auf diesen alten Tobak komme? Ehrlich gesagt fällt mir zu der Gruppe, die ich hier eigentlich auftragsgemäß ankünden soll, nichts ein, was nicht sterbenslangweilig wäre. Das beginnt schon mit dem Namen der Band, den man sich kaum zu nennen traut: Energy Band. Und da hatte ich gedacht, ich könnte diese Davis-Story völlig doof überleitungsmäßig verwenden, um dem umworbenen Konzertgast mitzuteilen, das die Band, die er sich heute Abend zu Gemüte führen könnte, auch einen Popsong verjazzt hat. Und zwar Princen's »Sign o' the times«. Und zwar gar nicht so schlecht (vielleicht ein bißchen zu langweilig). Und zwar und zwar und zwar.

Gitarrist Lothar Schmitz aus Stuttgart (Vorbilder: John Scofield, John McLaughlin, »mehr jedoch« Keyboarder J. S. Bach und Herbie Hancock) behauptet übrigens von seiner Energy Band, auch das mag man kaum erwähnen, sie mache »Groove Jazz«. Er will uns sogar noch viel mehr mitteilen: »Mit meiner neuformierten Energy Band präsentiere ich ein musikalisches Erlebnis, das sich deutlich von dem der üblichen Rock-Jazzgruppen abhebt... Diese gezielt publikumsorientierte Musik nenne ich Groove Jazz«. Daß Lothar Schmitz über seine Musik anscheinend auch nur sterbenslangweilige Sätze einfallen — geschenkt. Aber seine CD »Makin' All Stops« auf einem Label namens »Ralfs Original Natural Overdrive Music« ist wirklich ziemlich klasse! Und überhaupt nicht langweilig! Wirklich nicht! (Um 20 Uhr in der Passionskirche) A. Becker

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