Siemens will Atom-Skoda

■ Westliche Technik für die böhmischen Reaktorbauer MIT ÖFFENTLICHEN GELDERN AUF DU UND DU

Berlin (taz) — Siemens, Elektronik-Riese und einziger bundesdeutscher AKW-Bauer, prüft eine Beteiligung am tschechoslowakischen Maschinenbaukonzern Skoda in Plzen, nicht zu verwechseln mit dem Automobilbauer Skoda. Wie der Sprecher der Siemens-Reaktorbautochter KWU bestätigte, geht es in den Gesprächen auch um den Skoda-Kraftwerksbereich. Für die tschechischen Reaktorenbauer interessiert sich auch Siemens' US- Konkurrent Westinghouse. Skoda hat in der Vergangenheit Maschinenteile und Stahlkonstruktionen für osteuropäische AKWs geliefert. Als einzige Firma in Osteuropa hat Skoda außerdem sowjetische Reaktoren in Lizenz nachgebaut.

Siemens geht es nach eigenen Angaben bei dem möglichen Engagement vor allem um den tschechoslowakischen Markt. Michael Sailer vom Darmstädter Öko-Institut vermutet ein Siemens-Interesse an der Nachrüstung von acht Reaktoren russischer Bauart in der CFSR. Für die Reaktoren in Bohunice und Dukovany sei Regeltechnik für eine halbe Milliarde Mark erforderlich, um den dringendsten Sicherheitsanforderungen nachzukommen. Falls der Auftrag innerhalb der CSFR vergeben wird, hätte sich Siemens die Auträge gesichert. Schon im Oktober habe der Konzern einen CSFR-Auftrag für Reaktorleittechnik im Wert von 280 Millionen Mark nur noch als Kompensationsgeschäft an Land ziehen können.

Ein begehrliches Auge könnte Siemens auch auf die Skoda-Reaktorbaustelle von Timelin geworfen haben. Dort rosten zwei Reaktoren der gleichen Bauart wie in Stendal vor sich hin. Für Stendal hatte Siemens schon Pläne zur Nachrüstung und Fertigstellung der russischen Reaktoren entwickelt, die jetzt auf Eis liegen.

In den sechziger Jahren hatte Skoda versucht, einen eigenen Schwerwasser-Gas-Reaktor zu entwickeln. Der 110-Megawatt- Prototyp, der 1972 fertiggestellt wurde, ist allerdings 1979 nach einer Explosion endgültig abgeschaltet worden, ohne je richtig funktioniert zu haben.

Siemens ist mit weltweit 373.000 Beschäftigten und über 62 Milliarden Mark Umsatz rund zehnmal so groß wie Skoda mit seiner Belegschaft von knapp 40.000 Menschen. Bis zum 10. März sollen die Entscheidungen über Form und Kooperationspartner getroffen sein. Hermann-Josef Tenhagen