Katechet & Komissär

■ Nicht (mehr) indiziert

Endlich wurden wir vor den Kommissär gerufen. Es war noch ein Herr da, der Arzt, wie sich zeigte. Der Kommissär, ein junger, hübscher Mensch, hatte immer Mühe, sein Lachen zu verbeißen. Ich aber zitterte vor Angst.

Er fragte: „Hat dir der Katechet etwas getan...?“

„Nein“, sagte ich, „getan hat er mir nichts...“

„Ich meine, ob er dich angerührt hat... du weißt schon wie?“

„Ja...“

„Wo hat er dich angerührt...?“

„Da...“ Ich zeigte schüchtern auf mein Mittelstück.

„Und was hat er noch getan...?“

„Nichts...“

„Hat er dir nichts in die Hand gegeben...?“

„Ja...“

„Na also... was denn?“

Ich schwieg.

„Na, ich weiß schon“, sagte der Kommissär. „Und hat er das Dingsda... hat er das vielleicht auch dorthin gegeben...?“

Er deutete auf meine Eingangsstelle.

„Ja...“

„Ganz hinein...?

„Nein, ein ganz...“

„Also nur ein bisserl...?“

„Ja... die Hälfte...“

Der Kommissär lachte laut auf, der Doktor lachte. Mein Vater sah mich an und schwieg.

„Wo hat er dich noch angerührt...?“

„Da...“ Ich zeigte auf meine Brust.

„Na.“ Der Kommissär blickte zweifelnd hin. „Ich weiß nicht“, sagte er zum Arzt, „ich weiß nicht, Herr Doktor... ob da ein Anlaß für ihn war.“

Der Arzt kam auf mich zu, zwackte mich geschäftsmäßig an den Brüsten, griff daran herum und meinte dann: „Oh, genug... ganz genug.“

Mein Vater schaute verwundert auf meinen Busen.

„Na, und sag einmal“, fragte der Kommissär weiter. „hast du dich nicht gewehrt?“

„Was, bitte...?“

„Ich meine, hast du ihm nicht die Hand weggestoßen?“

„Nein.“

„Und warum hast du denn eigentlich seinen... sein Dingsda angegriffen?“

„Weil's der Herr Katechet gewollt hat...“

„So... so... aber gezwungen hat er dich nicht...?“

Zögernd erwiderte ich: „Nein...“ Aber ich merkte, daß die Frage für mich gefährlich sei.

„Also, warum hast du dir denn das alles tun lassen...?

„So, weil der Herr Katechet gewollt hat...“

„Ja, warum hast du denn nicht gesagt, bitte, Herr Katechet, das mag ich nicht...“

„Weil ich mich nicht getraut hab...“

„Also aus Respekt und aus Angst vor dem Herrn Katecheten?“

„Ja“, rief ich erleichtert, „aus Angst...“

Aber der Kommissär ließ nicht nach: „Sag mir, und hast du ihm keinen Anlaß gegeben... hast du nie gesagt: ,Ich will's machen...‘ oder ihn so angeschaut... so...?“ Der Kommissär machte verliebte Augen.

Ich mußte in all meiner Angst lächeln, aber ich sagte: „Nein.“

„Und jetzt...“ fuhr der Kommissär fort, „jetzt sag mir noch eins, aber die reine Wahrheit, verstehts du! Die reine Wahrheit... war dir das, was dir der Herr Katechet getan hat, angenehm...?“

Josefine Mutzenbacher

Mit freundlicher Genehmigung des Verlages aus: Josefine Mutzenbacher. Die Lebensgeschichte einer wienerischen Dirne, von ihr selbst erzählt.

Rowohlt Taschenbuch Verlag, 248 S., DM 8,80