Deutliche Kritik an der Friedensbewegung

■ Warnung vor latentem Antiamerikanismus und moralischer Unterstützung für Hussein

Berlin (taz) — Der Journalist und taz-Autor Henryk M. Broder hat in mehreren Interviews die bundesdeutsche Friedensbewegung, aber auch die Haltung der Deutschen insgesamt gegenüber dem Golfkrieg heftig kritisiert. Er fände es richtig und vernünftig, „daß man in Deutschland versucht, sich aus allen Kriegszonen und Konflikten herauszuhalten, zugleich müsse man aber berücksichtigen, daß es einen gewaltigen deutschen Beitrag am Irak-Konflikt gab, nämlich die Lieferungen der deutschen Rüstungsindustrie“. Die Deutschen könnten nicht ruhigen Gewissens eine Beteiligung am Golfkonflikt ablehnen, nachdem sie einen maßgeblichen Beitrag dazu geleistet haben. Broder übte in diesem Zusammenhang auch heftige Kritik an der deutschen Friedensbewegung. Diese sei in eine „wunderbare Koalition“ mit der deutschen Rüstungsindustrie getreten: „Die einen unterstützen Saddam moralisch, die anderen finanziell und mit technischen Mitteln.“

Die Evangelische StudentInnengemeinde in Essen warnt in einem offenen Brief an die Friedensbewegung vor der Ignoranz gegenüber der Gefährdung Israels. „Gerade nachdem sich einzelne in der Friedensbewegung an anderer Stelle häufig zu historischer Verantwortung für die Verbrechen des Nationalsozialismus bekennen, scheint uns das Verhalten der Friedensbewegung fragwürdig; sie darf sich nicht als Bewegung der begnadeten Nachgeborenen artikulieren.“ Das Existenzrecht Israels dürfe weder direkt noch indirekt zur friedenspolitischen Disposition stehen. Dieses habe für die Friedensbewegung zur Folge, „daß die Rolle der USA in dieser Region anders bedacht werden muß“.

Auch der designierte SPD Vorsitzende Björn Engholm hat sich gegen antiamerikanische Tendenzen als Reaktion auf den Kriegsausbruch am Golf ausgesprochen. „Mit Antiamerikanismus wäre derzeit überhaupt kein Problem zu lösen.“ Ursprung des Konflikts sei die Okkupation Kuwaits durch den Irak. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden Deutschlands, Galinski, brachte in einer Erklärung auch sein Bedauern zum Ausdruck, daß gerade in Deutschland „der laute Aufschrei: Hände weg von Israel“ ausgeblieben sei. mtm