Roh, grausam, laut

■ “Formationen der Städte“ von der Studentenbühne Bremen

Die Städte, die modernen, ja, die sind so. Laut dröhnend, grell leuchtend, ruhelos. Sie verschlucken jeden Blick in sinnloser Hetze, verhindern jede Kommunikation und ersetzen sie durch ein apparatives Surrogat. So sind sie, unsere Städte, so kann man sie darstellen, auch im Theater.

Wenn die Studentenbühne Bremen 1991 ihr Stück „Formationen der Städte“ spielt, eine Abfolge von 11 „abstrakt figurativen Bildern“ (David Milde, der Regisseur), dann ist es diese Wahrnehmung des zivilisatorischen Phänomens Stadt, die hier illustriert werden soll. Die Stadt ist eine Wüste: Leer wie die Bühne, vor deren Mitte ein Video-Monitor das Bühnengeschehen technisch verdoppelt und nach etwa 20 Minuten nichts mehr liefert als optisches Rauschen. In ruhigen Bildern, die leben von der Langsamkeit, vom Ereignismangel, zeigen die zwölf Studenten verschiedene Stationen des städtischen Lebens zwischen dem morgendlichen Aufstehen und der finalen Niederlage. Auf Worte verzichten sie ebenso wie auf umrissene Charaktere. In der Stadt wird Mensch zu Masse, die SchauspielerInnen tragen Grau. Eingerahmt werden die einzelnen Bilder — Spot an — von unvermittelt einsetzendem Getöse in einem unbarmherzigen Industrial-Beat, zu dem sich das gesamte Ensemble in einen dieser städtischen Menschenströme verwandelt, die sich rigoros und schnell von links nach rechts und umgekehrt über die Bühne ergießen. Unfälle gibt es dabei, kleine Unachtsamkeiten und den Kollaps einzelner, über den der Strom ohne ein Moment des Zögerns hinweggeht.

So weit, so gut, das grundsätzliche Konzept dieser Inszenierung funktioniert, es wendet die stimmliche Schwäche der Amateur-Schauspieler offensiv zur Qualität und sorgt anfangs für Überraschungsmomente, die für Stromstöße im Kreislauf gut sind. Doch läßt das nach, die überraschungen werden mit Verlauf des Stückes flauer und weniger, nur der Schluß, ja, der kommt dann überraschend.

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