Eingeschriebene Erinnerung

■ Die „Literarische Woche“ in Bremerhaven

“Das aufgeschriebene Leben — die eingeschriebene Erinnerung“ heißt das Leitmotiv der Literarischen Woche in Bremerhaven, die vom 2. bis 30. Januar in der Volkshochschule mit Autoren- Lesungen, Rezitationen und biografisch-literarischen Recherchen aufwartet.

Zu den Höhepunkten der dicht gewebten sechstägigen Veranstaltungsreihe dürfte schon der erste Abend gehören: Ludwig Harig liest aus seinem im letzten Herbst erschienenen autobiographischen Roman „Weh dem, der aus der Reihe tanzt“. Kindheit in der deutschen Provinz während der Nazi-Zeit. Reich-Ranicki lobte die „makellose Mischung aus Genauigkeit und Gelassenheit“.

Am Sonnabend, den 26.1., stellt die Schriftstellerin und Übersetzerin Ilma Rakusa den 1989 verstorbenen serbischen Romancier Danilo Kis vor. Der Sohn eines ungarisch-jüdisch, von den Nazis deportierten Vaters wurde zu einem der bedeutendsten jugoslawischen Gegenwartsautoren.

Am Sonntag, den 2.1., liest Gert Hoffmann aus seinem neuen Roman „Der Kinoerzähler“, für Frankfurts ehemaligen Kulturdezernenten Hilmar Hoffmann „die Biographie eines Lebens und einer Gattung: des Stummfilms.“

Am Montag, den 28.1., kommt der Publizist der Weimarer Republik, der Übersetzer amerikanischer Dramenliteratur und Chronist des Exils, der 88jährige Hans Sahl nach Bremerhaven. Sahl, der vor wenigen Jahren seine zweite Heimat New York verlassen hat und in Tübingen lebt, erhielt 1990 den „Internationalen Exilpreis“ der Bayrischen Akademie der Schönen Künste, zuletzt erschienen Erinnerungen (“Das Exil im Exil“) und der Gedichtband „Wir sind die letzten“.

Am Dienstag, den 29.1., stellt Gert Loschütz seinen Roman „Flucht“ vor, einen Rückblick auf Kinderjahre in der DDR, ein „brandaktueller Übersiedler-Roman“ hieß es in der ZEIT.

Am letzten Abend der literarischen Woche, Mittwoch, den 30.1., porträtiert Stephan Reinhardt einen der wichtigsten deutschsprachigen Autoren nach 1945, den Förderer und Anreger, den entschiedenen Moralisten Alfred Andersch. Reinhardts gerade erschienene umfangreiche Andersch-Biographie zeigt einen „konservativen Linken“, einen Autor des Disputs und des Widerspruchs, für den die „Kirschen der Freiheit“ mehr waren als ein schönes Wort. hh