»Finstere Zeiten«

■ Die CDU schickte keine einzige Frau in den neuen Senat/ Stimmen einiger Berlinerinnen dazu

Ursula Raue, Vorsitzende des Juristinnenbundes in Berlin: »Wir empfinden das als politischen Rückschritt. Wir haben ganz fest gehofft, daß es sich die CDU nicht leisten würde, ohne Frauen anzutreten. Wir sind enttäuscht.«

Halina Bendkowski, Berliner FrauenfrAKTION: »Einerseits gibt das die Realität richtig wieder, weil die CDU an einer wirklichen Gleichberechtigung der Geschlechter nicht interessiert ist. Andererseits tun mir die Frauen leid, die aufgrund mancher Irritationen in der CDU Frauenpolitik versuchten und nun von diesen Männerseilschaften abgehängt werden.«

Hanna-Renate Laurien, Parlamentspräsidentin (CDU): »Es waren zwei Frauen im Gespräch [Gertrud Höhler, Irina Schlicht, Anm. d. Red.], die haben abgesagt. Ich bedauere das sehr. Das ist nicht nur ein Problem der CDU, sondern ein gesellschaftliches. Die Mobilität der Ehepartner ist das große Problem: Zu achtzig Prozent sind die Männer nicht bereit, für die Karriere ihrer Frauen Abstriche zu machen.«

Adelheid Simon, Geschäftsführerin des Katholischen Deutschen Frauenbundes: »Ich finde das sehr schlecht und hätte es sehr begrüßt, wenn nicht nur eine Alibifrau, sondern mehrere Frauen Senatorin geworden wären. Ich habe aber die Information, daß einige Frauen abgesagt haben. Dann kann man sie ja nicht herbeizaubern.«

Gundel Köbke, Pressesprecherin, Senatsverwaltung Frauen, Jugend und Familie: »Das ist skandalös und typisch. Ich finde es eine Zumutung für die BerlinerInnen, daß die CDU sich zurückbeamen konnte in die finstersten Zeiten monolithischer Männerblöcke.«

Carola von Braun, Fraktions- und Parteivorsitzende der FDP, Ex-Frauenbeauftragte: »Es zeigt, wie ernst es die CDU mit Frauenpolitik meint: Gleichberechtigung ist bei der Union ein reines Wahlkampfthema und hat nicht den Hauch einer Chance, verwirklicht zu werden. Im Zweifelsfalle müssen die Frauen zurückstecken.«

Gesine Schwan, Politologin am Otto-Suhr-Institut: »Das ist doch ein schwaches Zeichen für die CDU, daß sie keine guten Frauen hat, wo sich doch Frauen oft als kompetenter erweisen. In konservativen Kreisen herrscht eben ein zählebiges Rollenverständnis und unflexibles Denken vor. Die Frauen müßten heute aber genügend Selbstvertrauen haben, sich davon nicht ankratzen zu lassen.«

Marinka Körzendörfer, Mitglied des Unabhängigen Frauenverbandes: »Um es bösartig auszudrücken: Bei den Frauen, die in Frage gekommen wären, bin ich froh, daß keine Senatorin geworden ist. Das zeigt aber deutlich, wo nach Auffassung der CDU Frauen ihren Platz haben sollen — nämlich nicht in der Regierung.« Lu/kd/lada