Blockade in Münster

Von Münster aus werden Transporte der Bundesluftwaffe koordiniert/ Transportflüge unterstützen Alliierte im Golfkrieg/ Rabiate Polizeieinsätze  ■ Aus Münster B. Markmeyer

Früh aufstehen und frieren, so heißt derzeit die Parole für das „Anti- Kriegs-Bündnis“ in Münster. Seit Montag vor Kriegsausbruch treffen sich allmorgendlich DemonstrantInnen vor der Bundeswehrkaserne der Universitätsstadt. Stationiert sind hier das Lufttransportkommando (LTK) sowie das Luftwaffenunterstützungsgruppenkommando Nord der Bundesluftwaffe. Seit Tagen versuchen die DemonstrantInnen, Eingänge und Tore zum Kasernengelände zu blockieren. Am Mittwoch versperren etwa 150 Menschen drei Tore. Die Polizei, die seit dem Wochenende rabiater eingreift, hält jedoch mit Absperrungen an der Haupteinfahrt von der Manfred-von- Richthofen-Straße eine Schneise frei, durch die die circa 400 Beschäftigten beider Kommandostäbe zum Dienst eilen können. „Von einer Blockade kann man nicht mehr reden“, meint ein Demonstrant und wendet sich frustriert zum Gehen.

Mit ihren gewaltfreien Aktionen machen die KriegsgegnerInnen auf zwei hohe Kommandostäbe der Bundesluftwaffe aufmerksam, die bereits jetzt, besonders aber im Falle eines Kriegseintritts der Nato, zentrale Koordinierungsaufgaben erfüllen. Das Lufttransportkommando (LTK) unterstützt bereits heute amerikanisches und britisches Militär im Krieg am Golf. Um Transportkapazitäten der Alliierten für Nachschublieferungen ins Kriegsgebiet freizuhalten, fliegen ersatzweise Maschinen der bundesdeutschen Luftwaffe auf innereuropäischen Routen, vor allem, um amerikanische Militärbasen in Großbritannien, Italien, Spanien, Griechenland und der Bundesrepublik zu versorgen. Bereits seit Anfang November koordiniert das LTK, wie der Sprecher des Stabs, Oberleutnant Dieter Bacher, der taz bestätigte, pro Tag sechs solcher Flüge für die amerikanischen Militärs und zwei für die Briten.

Insgesamt unterstehen dem Kommandostab in Münster nach eigenen Angaben 329 Flugzeuge, drei Transportgeschwader mit insgesamt circa 90 Transall-Maschinen, die Flugbereitschaft des Bundesverteidigungsministeriums, die am Flughafen Köln-Wahn stationiert ist, sowie Hubschrauber des Such- und Rettungsdienstes mit Standort in Goch. Das LTK wickelt weltweit alle Lufttransporte der Bundesluftwaffe ab, so auch mit bisher circa 60 Transportflügen für 200 Soldaten, Waffen und Versorgungsgütern die Verlegung der Oldenburger Alpha-Jets zum türkischen Luftstützpunkt Erhac in der ersten Januarwoche. Beim LTK arbeiten etwa 200 überwiegend im Unteroffiziers- oder Offiziersrang stehende Bundeswehrangehörige. Die DemonstrantInnen forderten sie auf, ihre Arbeit zu verweigern.

Der zweite Münsteraner Kommandostab, das Luftwaffenunterstützungsgruppenkommando, hat alle Waffensysteme und Geräte der Luftwaffe in der Nordhälfte der alten Bundesrepublik einsatzbereit zu halten. Über den Stab in Münster werden Ersatzteil-, Treibstoff-, Munitions- und Waffenlieferungen für die nördlich der Linie Bonn-Kassel stationierten Luftwaffenverbände koordiniert. Außerdem ist das Kommando für Dienstleistungen wie Flugzeugwartungen, Reparaturen oder Transporte zuständig. „Wir sind“, so ein Sprecher des Stabes, „die Logistikdivision für die in der nördlichen Bundesrepublik stationierten Verbände.“ Kein Tornado, kein Alpha-Jet flöge, so Winnie Nachtwei von den Münsteraner Grün-Alternativen, ohne das Unterstützungskommando Nord.

Am Tag des Kriegsausbruchs und am darauffolgenden Freitag hatten über 400 Menschen in aller Frühe die Kaserne belagert, die auch zum Ziel diverser Münsteraner Friedensdemos wurde. Nachdem die Polizei an diesen Tagen den Bundeswehrangehörigen zurückhaltend Einlaß verschafft hatte, griffen mehrere Beamte am Samstag und Montag zu Reizgas und teilten Tritte und Schläge aus. Einige Bundeswehrangehörige versuchten, sich den Weg aggressiv freizuboxen. Der Kasernenkommandant hatte die Polizei aufgefordert, härter durchzugreifen. Mindestens bis zum Wochenende sollen die Blockaden fortgesetzt werden.