Phonetic Relations

Das Gute an psychedelischer Musik ist, daß sie auch ohne Drogen funktioniert. Anders als Metal ohne Speed, Punk ohne Malz oder House ohne Party. Hier und da läßt sich eine Melodie aufschnappen und verfolgen, bis man sie vielleicht erst Stunden später aus dem Sinn verliert. Dann wird es ein guter Trip gewesen sein, wie »Lucy in the Sky with Diamonds« oder »Up In Her Room« der Seeds. Bei den Phonetic Relations siedeln sich diese Linien im Labyrinth zwischen Orgel und Gitarre an. Mal auf modistisch geschrubbtem 3-Akkord-Boden im klassischen Who- Maß, aber mit kalifornischem Timbre. Dann wieder entlang der Farfisa-Orgelklänge, mit denen jedes gute Mindrocker-Album (und die sind alle gut) beschallt war. Vieles daran erinnert an eine Nachfolge von Plan 9, die während der 80er Jahre das Beatnik-Revival aus Amerika mit herrlich verschrobenen Kabinettstückchen zwischen Garage und Wohnzimmer begleiteten. Dafür sorgt vor allem das leichte Krächzen in der Stimme des jungen Mannes am Gesang, der jugendlich- wissend-nöhlig die Liebe zu den Mädels besingt. Da tritt Pop aus dem Hintergrund hervor und bereitet den Phonetic Relations einen Hitsong wie »Shirley«, der nicht auf Löschpapier geschrieben werden mußte. Sie selbst beziehen sich auch auf Songwriting und meiden Sessionbreitenwirkung.

So sehr Bands wie The What For! an englische Raves und Randale im Leinwand-Brighton anknüpfen und den Wimpel-Mod hochleben lassen, so unbeirrbar stechen Phonetic Relations an der Westcoast in die rauhe See, allerdings an einem verregneten Herbsttag (und nicht im sommerlichen Surffieber), wenn man mit der Liebsten den Streit vom vergangenen Abend beim Spaziergang am Strand im Sande zertreten will. Mann kann auch dazu tanzen und wild sich schütteln und eventuell eine neue Weggefährtin finden. (zusammen mit Weird Scenes um 21 Uhr Am Wasserturm Spandau) Harald Fricke (Foto: Katharina Pfaller)