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Postgewerkschaft für Stasi-Leute

■ Allein in Berlin sind 600 Stasi-Leute bei der Post untergekomen/ DPG gibt Rechtsschutz

Berlin — Mit allen rechtlichen Mitteln wird sich die Deutsche Postgewerkschaft (DPG) gegen derzeit von der Bundespost vorgesehene Massenentlassungen von Angehörigen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit einsetzen. Als Mitglieder der DPG stehe auch diesen im Laufe des vergangenen Jahres bei der Post eingestellten Stasi-Leuten eine gleichberechtigte Behandlung als Gewerkschaftsmitglieder zu, erklärte DPG-Pressesprecher Vetter.

Von seiten der Bundespost hätte die DPG noch keine Kenntnis von derartigen Massenentlassungen erhalten. Zunehmend häufiger gestellte Anträge auf Rechtsschutz würden jedoch darauf hindeuten, daß in größerem Umfange derartige Entlassungen geplant seien, erläuterte der Pressesprecher. „Der beantragte Rechtsschutz wird in jedem Fall gewährt.“

Allein in Berlin sind rund 600 ehemalige Stasi-Mitarbeiter, die seit dem vergangenen Jahr nach Auflösung ihrer Behörde bei der Post als Schalterbeamte, Lagerarbeiter, Heizer oder Pförtner tätig waren, gekündigt worden. 250 von ihnen haben Rechtsschutzanträge gestellt worden. Bei Klagen vor dem Arbeitsgericht würde ihnen die DPG den entsprechenden Beistand leisten, um die ausgesprochenen außerordentlichen Kündigungen entweder in ordentliche Kündigungen mit entsprechender Abfindung umzuwandeln oder um sie rückgängig zu machen.

Im Fernmeldeamt 6 in der Berliner Tucholskystraße war per 31. Januar über 100 ehemaligen Stasi-Leuten die Kündigung ausgesprochen worden. „Bei uns brennt die Luft“, meinte der Vorsitzende des Personalrates, Klaus Korcz, angesichts der nun entstehenden Arbeitskräftesituation. Die Entlassenen hätten sich überwiegend engagiert eingearbeitet, und sie wären auch von ihren Kollegen im wesentlichen akzeptiert worden. Schließlich seien sie auch angesichts der vor allem in den letzten Wochen äußerst komplizierten Situation bei der Post zu jeder Überstunde bereit gewesen.

Es sei auch nicht vorstellbar, so der Personalratschef, welche Schäden ein Heizer oder Pförtner, der früher beim MfS war, für den Postdienst anstellen könnte. Viel größer sei seiner Meinung nach jene Gefahr, die entstehe, wenn diese Leute ins totale Aus gedrängt würden. Der Personalrat habe den Kündigungen im Fernmeldeamt 6 in keinem Falle zugestimmt, sondern sie lediglich zur Kenntnis nehmen müssen.

Stasi bei der Polizei in der Führungsetage

Der brandenburgische Innenminister Ziel hat mitgeteilt, in den Fragebögen, die Beamtenanwärter ausfüllen müssen, hätten viele Polizeibeamte der Führungsebene angegeben, haupt- oder nebenamtlich auch für das MfS gearbeitet zu haben. Er nannte die Zahl von mindestens 200. Mit den Betroffenen sollen zunächst Gespräche geführt werden. adn

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