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Ein Friedenshetzer weniger

■ Kabarettist Martin Buchholz kritisierte in seiner Kolumne den SFB und wurde von der Welle verbannt/ »Morgenecho«-Redakteure erhielten Abmahnung

Berlin. Wieder ein Friedenshetzer weniger auf dem Sender: Weil der Kabarettist Martin Buchholz sich nach Kriegsbeginn vor zwei Wochen über ebendiesen in seiner wöchentlichen Satirekolumne im Morgenecho auf SFB 2 hergemacht hatte, wurde er nun von der Welle gestrichen. Seit September letzten Jahres hatte sich der Kleinkünstler jeden Freitag um 7 Uhr 15 dreieinhalb Minuten lang zur Lage in Stadt, Land und Welt mit mehr oder weniger Zuspruch von anrufenden Hörern und verantwortlichen Sendern verbreiten dürfen. Motto: »Was Bullrichsalz für die Verdauung, ist Buchholz für die Weltanschauung«.

Doch spätestens seit Krieg ist, mißfielen seine Wortspiele ernsthaft: Daß er am 18. Januar u.a. den einfühlsamen Kanzler bedauerte, der in seiner schweren Betroffenheit das erste Opfer der Bomben auf Bagdad geworden war, fand die Wellenchefin Barbara Wesel dann — so der Kabarettist — allzu »geschmacklos«. Wesel, »nach Zensur verreist«, so Buchholz und deshalb nicht für eine Stellungnahme zu erreichen, hätte die Kolumne sofort absetzen wollen. Die Redaktion hätte jedoch eine weitere Folge durchgesetzt, die ihr allerdings habe vorgelegt werden müssen. Schließlich habe die bislang als linksliberales Aushängeschild geltende Wesel sich, so jedenfalls die Version von Buchholz, um Unterstützung suchend an den Programmdirektor Wolfgang Seifert gewandt, der eine »längere Pause« für Buchholz verordnet hat. Ein solcher direkter Eingriff in das Programm gilt als bisher einmalig.

Man müsse nun grundsätzlich nachdenken, so Seifert zur taz, wo man Satire senden könnte — jedenfalls nicht neben nachrichtlichen Beiträgen, unabgeschlossen und ohne eigene vorherige Ankündigung in einem aktuellen Magazin.

Die vierköpfige Morgenecho-Redaktion nahm das Satire-Verbot indessen nicht kampflos hin: Gestern morgen fragte sie sich anstatt der gewohnten Buchholz-Kolumne öffentlich, was das Morgenecho im Krieg überhaupt noch senden soll, wenn den Hörern nicht »demnächst eine Golf-Sendung mit 18 Löchern« vorgesetzt werden solle. Für diese einenmächtige Einlage erhielten die Redakteure postwendend eine Abmahnung.

Eine Antwort allerdings wußte — via Telefoninterview — der Kabarettist Dieter Hildebrandt. Der schlug dem Programmdirektor vor, »doch alles wegzulassen, was Hörer verletzen könnte«. Ihn zum Beispiel verletzte »alles, was der General Schwarzkopf sagt«. Im übrigen gebe es gar keine Satire, wenn sie nur in Friedenszeiten sein dürfe: »Satire ist immer dann, wenn's weh tut, am wichtigsten.«

Buchholz selbst ist über seinen faktischen Rauswurf persönlich nicht allzu unglücklich: schließlich sei seine Kolumne im September als Wiederaufnahme der einst von Wolfgang Neuss gepflegten Tradition angekündigt worden. Und letzteres großes Vorbild sei ja nach Beginn des Vietnamkrieges aus dem Sender geflogen. Da könne Buchholz geradezu stolz sein, daß ihm nun ähnliches widerfahre (siehe auch Dokumentation von Buchholz' letzter Kolumne auf Seite 36). grr

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