Irak-Embargo erfolgreich

Schon vor Kriegsbeginn wirkte der Wirtschaftsboykott gegen den Irak/ Angeblicher Mißerfolg als zentrales Argument für militärische Intervention  ■ Aus Washington A. Zumach

Bei den vom UNO-Sicherheitsrat am 6. August 1990 verhängten Sanktionen gegen den Irak handelt es sich um das mit weitem Abstand erfolgreichste Wirtschaftsembargo zumindest in diesem Jahrhundert. Das geht aus Unterlagen der Geheimdienst- und Streitkräfteausschüsse im US-Abgeordnetenhaus sowie aus einer Studie des Washingtoner Instituts für Internationale Wirtschaft hervor. Ein zentrales Argument der Bush-Administration für die Ergreifung militärischer Maßnahmen gegen den Irak war die Behauptung, die Sanktionen funktionierten nicht.

Die Erkenntnisse der Ausschüsse beruhen zum überwiegenden Teil auf Informationen von CIA-Chef Webster, die dieser im vergangenen Dezember in zumeist nichtöffentlichen Anhörungen dem Streitkräfteausschuß und auch Präsident Bush vortrug. Danach wurden bereits zum damaligen Zeitpunkt, also schon Wochen vor Kriegsbeginn, 90 Prozent aller Importe in den Irak sowie 97 Prozent aller Exporte unterbunden. Das Bruttosozialprodukt (BSP) des Iraks war bis dahin um 48 Prozent zurückgegangen. Webster hatte bei den Anhörungen im Dezember noch ausdrücklich erklärt, die Sanktionen würden mittelfristig zu einer deutlichen Schwächung aller drei irakischen Teilstreitkräfte (Armee, Luftwaffe und Marine) führen. Das Institut für Internationale Wirtschaft kommt in seiner Untersuchung zu denselben Ergebnissen. Es sei davon auszugehen, daß das Embargo seit Kriegsbeginn zu fast 100 Prozent erfolgreich ist, erklärte Kimberly Elliot, eine der AutorInnen der Studie, am gestrigen vierzehnten Kriegstag gegenüber der taz. In der Studie des Instituts werden alle 115 Fälle von Wirtschaftssanktionen, Embargos oder Blockaden untersucht, die seit Beginn des Ersten Weltkrieges versucht wurden. Nur 34 Prozent davon hatten überhaupt einen Erfolg und führten zu wirtschaftlichen Auswirkungen bei den Staaten oder Regionen, gegen die die Maßnahmen gerichtet waren.

Wenige Tage vor der Entscheidung des US-Kongresses am 12. Januar, Präsident Bush die Ermächtigung zur Kriegsführung gegen den Irak zu geben, hatte CIA-Chef Webster in einem Brief an Bush seine Einschätzung vom Dezember hinsichtlich der Auswirkungen der Wirtschaftssanktionen auf die irakischen Bodentruppen abgeschwächt. Das Schreiben wurde vom Weißen Haus an die Republikaner im Kongreß lanciert, die es in der Debatte mit den Demokraten als Argument für den Krieg gegen den Irak präsentierten. Webster lieferte seinerzeit keine Gründe für seine veränderte Lagebeurteilung. In Washington gilt als sicher, das der CIA-Chef den Brief auf Weisung des Weißen Hauses geschrieben hatte. Die Bush-Administration argumentiert inzwischen, die „Unnachgiebigkeit“ Saddam Husseins trotz massiver militärischer Angriffe auf den Irak belege, daß Wirtschaftssanktionen allein auch über einen längeren Zeitraum hinweg keinen Rückzug aus Kuwait erzwungen hätten. Kimberly Elliot hält dies „nicht für zwingend“. Andauernde Sanktionen ohne Krieg hätten im Irak mittelfristig „zu anderen innenpolitischen Dynamiken“ führen können. Die Chance eines Aufbegehrens der unter Sanktionen leidenden Bevölkerung wäre wahrscheinlich größer gewesen als unter den jetzigen Kriegsumständen.