: Börsen(un)logik McCASH FLOW'S ORAKEL
Daß Dollarprognosen weniger als wissenschaftliche Hochrechnungen, sondern eher als Lottotips angesehen werden müssen — diesen Kasinocharakter des Börsengeschehens beweist einmal mehr die Entwicklung in diesen Tagen. Der allseits mit Beginn des Golfkriegs erwaretete „Krisenbonus“ der US-Währung trug den Dollar nur für wenige Tage (und ein paar Pfennige auf 1,55 DM) nach oben — seit Wochenbeginn notiert er gegenüber der Mark auf einem historischen Rekordtief von 1,46 DM. Die fast gleichzeitige Zinsänderung in den USA und der Bundesrepublik — beim Dollar nach unten und bei der D-Mark nach oben — hat die Attraktivität der Mark auf dem internationalen Finanzmarkt weiter gesteigert. Deutschland lockt, wie weiland Ronald Reagan, mit hohem Zins Kapital ins Land, während die USA ihre schlechte Konjunktur nur mit billigem Geld, der Verringerung der Zinsen, in Gang halten können.
So paradox wie auf dem Finanzmarkt ging es auch der deutschen Aktienbörse zu: Während sonst ein zur Schwäche neigender US-Dollar den exportorientierten deutschen Unternehmen Kopfzerbrechen und fallende Kurse beschert, wurde die Dollar- Baisse am Montag mit Hochstimmung quittiert. Der DAX kletterte um fast zwei Prozent auf ein neues Jahreshoch. Gewinnmitnahmen gegen Börsenschluß sorgten allerdings dafür, daß er nicht gehalten werden konnte. Die gestiegenen Zinsen haben nach Ansicht von Händlern keinen Einfluß auf das Marktgeschehen gehabt — auch dies eine paradoxe Tendenz. Normalerweise gelten steigende Zinsen als Gift für die Aktienkurse. Erklären lassen sich die scheinbar unlogischen Entwicklungen an den Börsen nicht mit ökonomischen oder markttechnischen Gründen, sondern nur mit Psychologie.
André Kostolanyi hat es einmal so ausgedrückt: An der Börse ist alles möglich, sogar was logisch erscheint.
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