Nach den Banken-Crashs umfangreiche Reformen

USA: Regierung will Geldinstitute international konkurrenzfähig machen  ■ Aus Washington A. Zumach

US-Finanzminister Nicholas Brady hat am Dienstag in Washington ein seit langem angekündigtes „Kernstück“ im innenpolitischen Programm der Bush-Regierung vorgelegt: Das umfangreichste Maßnahmenpaket zur Reform des US-Bankensystems seit Roosevelts Regierungszeit vor über fünfzig Jahren. Hauptziele der Reform sind eine stärkere Konkurrenzfähigkeit der US- Banken auf den internationalen Märkten und eine Begrenzung der staatlichen Einlagenversicherung.

Letzteres wurde besonders dringlich nach dem Zusammenbruch von 800 kleineren und mittleren Bausparkassen und Kreditinstituten in den vergangenen vier Jahren, für deren Sanierung die US-amerikanischen SteuerzahlerInnen weit über 100 Milliarden Dollar berappen müssen. Bisher mußte nämlich die staatliche Einlagenversicherung bei einem Bank-Crash die Einlagen bis zu 100.000 Dollar pro Konto ersetzen. Dieser Betrag soll nun auf 100.000 Dollar pro Bank und Person begrenzt werden.

Ein weiteres Kernstück des Reformpaktes sind Bestimmungen, die den US-Banken eine territoriale Ausbreitung auf alle Bundesstaaten sowie den Einstieg in andere Branchen wie Versicherungen oder das Geschäft mit Wertpapieren erlauben. Das bislang gültige Gesetz, wonach „eine kalifornische Bank zwar in Birmingham, Großbritannien, eine Zweigstelle eröffnen darf aber nicht in Birmingham, Alabama“ sei seit langem überholt, meint Brady.

Industrie- und andere kommerzielle Unternehmen, die bislang schon in Versicherungen oder finanzielle Dienstleistungsfirmen einstiegen durften, sollen sich künftig auch an Banken beteiligen können. Das ist durch das Glass-Steagall-Gesetz aus dem Jahr 1934, mit dem das derzeitige Bankenwesen begründet wurde, bis heute verboten. Die US-Regierung rechnet damit, daß diese Maßnahmen die Banken auch international wieder wettbewerbsfähiger machen. Brady wies auf Statistiken hin, nach denen in den letzten 20 Jahren acht US-Banken aus der Liste der 30 weltweit größten Geldinstitute verschwunden sind.

Die nationale Bankenaufsicht, bislang auf vier Institutionen verteilt, soll effektiviert und zwei zentralen Einrichtungen übertragen werden, darunter einer neu zu gründenden Bundesbankbehörde. Die „Bankenanlagenversicherungsbehörde“ (FDIC), die hierfür bislang zuständig war, werden fast sämtliche Kompetenzen entzogen. Mit diesem Vorschlag zieht die Regierung Konsequenzen aus dem Versagen der entsprechenden für die Sparkassen und Kreditinstitute verantwortlichen Einrichtung. Insgesamt orientieren sich die Reformvorschläge für die Bankenaufsicht stark an dem in der Bundesrepublik Deutschland gültigen Modell.

Ob es der Regierung gelingt, mit diesen Vorschlägen das nach dem Sparkassenskandal schwer angeschlagene Image der Geldinstitute zu verbessern, ist noch offen. In einer Umfrage der 'Washington Post‘ äußerten kürzlich 49 Prozent der Befragten nur „sehr wenig“ Vertrauen. Bradys zuversichtliche Erwartung, daß das Reformpaket „bis zum Sommer dieses Jahres“ vom Kongreß verabschiedet werde, scheint wenig realistisch. Denn im Kongreß und unter Fachleuten haben sich schon einige gewichtige Gegenstimmen erhoben. Der demokratische Abgeordnete John D. Dingell, Vorsitzender des wichtigen Handelsausschusses, nannte den Reformplan „eine schlechte Medizin für die Banken und Gift für die amerikanische Öffentlichkeit“. Dingell hat schon frühere Bankenreformversuche erfolgreich verhindert.

Einige Kritiker befürchten, daß die ohnehin angeschagene Bankenindustrie durch den Einstieg in andere Unternehmensbereiche in noch größere Schwierigkeiten geraten werde. Das Finanzministerium hält diese Sorge für unbegründet. Die derzeitigen Probleme seien vielmehr durch das bisher allzu traditionelle Verhalten der Geldinstitute entstanden.