Zwangsparty, lebenslänglich

■ Heute Premiere im Brauhauskeller: „Die Konservendosenmenschen“

Die Ratlosigkeit ist groß in diesen Tagen unter den Künstlern aller Sparten, was zu tun ist und wie, und wie man es anstellt, nicht zur Tagesordnung überzugehen und auch nicht in das Pathos des Leidens zu verfallen, das uns TV- Kriegs-Opfern so schräg zu Gesicht steht. Sie reagieren sehr verschiedenartig: Die einen organisieren Friedensmatineen, die zweiten kleiden ihr Haus in einen Trauerflor, die dritten nehmen ihn wieder ab, andere sagen Vorstellungen ab.

Als Theater sich zum Krieg zu verhalten, vermeiden sie jedoch weitgehend. Im Rahmen des Bremer Theaters ist es nur die kleine, von allen zahlungskräftigen Geistern des Theaters verlassene Laienspielschar des Jugendclubs des Theaters, die den Mut fand, auf den Krieg zu reagieren und in blitzschneller Zusammenarbeit mit dem moks-Theater innerhalb von drei Wochen ein Stück einprobte, auch auf die Gefahr hin, daß die Vorbereitungszeit zu kurz sein könnte, als daß nicht der ein oder andere Schnitzer unterlaufen könnte, die Bühne nicht ordentlich geputzt wäre oder die Kulisse nur ein Notbehelf. „Konservendosenmenschen“, das Stück von Edward Bond, befaßt sich mit den Folgen des modernen Krieges.

14 Personen haben überlebt, jetzt schon 17 Jahre lang, in einem Bunker, gefüllt mit Konservennahrung im Überfluß, und mit der Erinnerung an ein interessanteres Leben, an Menschen. Nichts kann sie noch verbinden als die Langeweile, die Einöde ihrer Isolation und die starren Verhaltensformen ihrer lebenslänglichen Zwangsparty. Ein weiterer Überlebender taucht auf und als einige der Überlebenden an einer rätselhaften Krankheit sterben, ist der Schuldige schnell gefunden.

Ein Versuch ist diese Inszenierung, ein Notbehelf, rauh, ungeschminkt und direkt. Kein oberflächenglitzerndes Variete-Theater mit süßlich verbrämtem Kunstanspruch und Zuschauern im feinen Plüschsessel, sondern eine drückende, sich zuspitzende Dramatik, die aus den begrenzten Mitteln ihre Qualität destilliert.

Was sie jedoch nicht löst, diese Aufführung, ist das Problem, theatralische Bilder zu entwerfen, die ihrem Thema, dem Krieg, der Verwüstung aller Verhältnisse in der Nachkriegszeit gerecht zu werden. Zu sehr beschränken sich die SchauspielerInnen auf konventionelles Spiel, auf die schweren Bedeutungen der Worte und Sätze, als daß sie die Reaktionen auslösen könnten, die beabsichtigt sind, zu sehr bleibt die Inszenierung unentschieden zwischen realistischem Rezitieren und den gelegentlichen Ausfällen in Ebenen der Verfremdung, die dann aber doch an den Sicherheiten der Wahrnehmung rütteln. step