Bayern bauen an der Leninallee

■ Bayrischer Baulöwe Doblinger baut in Ostberlins Arbeitslosenhochburg Marzahn ein Gewerbezentrum/ Schlechter Ruf wegen Neue-Heimat-Geschäften/ Wirtschaftssenator begeistert

Marzahn. Ein riesiges Gewerbezentrum mit 32.000 Quadratmeter Nutzfläche und einem 85 Meter hohen Hochhausturm in der Mitte wird der bayrische Immobilienriese Doblinger Industriebau AG (DIBAG) an der Marzahner Leninallee, Ecke Rhinstraße bauen. Dieses Vorhaben wurde gestern im Bezirksamt Marzahn am Helene-Weigel-Platz vorgestellt, wo es in den nächsten Wochen zu besichtigen ist.

In dem Komplex der Münchener Architektin Regina Schuh, der neben dem Hochhaus aus mehreren viergeschossigen Bauten besteht, sollen zur Hälfte Büros, zur Hälfte Flächen für Leichtindustrie entstehen. Alles zusammen soll etwa 1.000 Arbeitsplätzen Platz bieten. Einen Teil der Räume — 8.000 Quadratmeter — soll zu erheblich verbilligten Gewerbemieten an neue Firmen und Existenzgründer vermietet werden, dazu hat sich Doblinger gegenüber Senat und Bezirksamt verpflichtet. Die derzeit übliche Gewerbemiete in Marzahn beträgt etwas unter dreißig Mark pro Quadratmeter. Zu dem Gewerbezentrum gehört eine Tiefgarage mit 450 Plätzen und eine viergeschossige Eingangshalle mit Kiosken und Caféterien. Der Standort hat keinen direkten S- oder U-Bahnanschluß, ist jedoch mit der Straßenbahn zu erreichen. Im April dieses Jahres soll der erste Spatenstich sein, das Gebäude soll im März 1993 fertig werden.

Die Firma Doblinger will vom Land Berlin einen Erbpachtvertrag für das Grundstück bekommen. Damit sei die Treuhandanstalt, die da mitzureden habe, einverstanden, sagte Wirtschaftssenator Norbert Meisner (SPD), der bei der Vorstellung des Projektes anwesend war. Das Vorhaben sei eines von insgesamt acht Projekten, die noch vom Magistrat im August 1990 unter einigen Investoren ausgeschrieben worden waren. Eine Baugenehmigung sei demnächst vom Bezirksamt zu erwarten, meinte Meisner. »Dies ist ein Pioniervorhaben, wir hoffen, mit diesem und ähnlichen Projekten in den nächstens zwei, drei Jahren die Talsohle zu durchschreiten, in der sich Ostberlins Wirtschaft im Moment befindet«, sagte Meisner.

Marzahns Bezirksbürgermeister Andreas Röhl freute sich vor allem über die Arbeitsplätze, die schon beim Bau des Gebäudes für Marzahn entstehen würden, aber auch danach zur Verfügung stünden. Doblinger habe sich verpflichtet, drei Viertel aller Ausbau- und Planungsarbeiten an Ostberliner Firmen zu vergeben. Unter 265.000 Marzahnern im arbeitsfähigen Alter gebe es 22.000 Kurzarbeiter und 11.000 Arbeitslose, sagte der Bürgermeister. Das ist ein Drittel aller Ostberliner Kurzarbeiter. Diese Zahl würde noch steigen, befürchtet Röhl. »Gerade in Marzahn arbeiten viele Leute in Ministerien, da werden mittelfristig noch viele Menschen arbeitslos«.

Die Firma Doblinger hat ihren Hauptsitz in München, hat aber Niederlassungen unter anderem in Düsseldorf, Erfurt, Dresden und Berlin. Eine weitere Niederlassung will man demnächst in Leipzig errichten. Die Firma hat nach eigenen Angaben 1.300 Mitarbeiter und 4,2 Milliarden Mark jährliches Bilanzvolumen. Doblinger wurde zuletzt bekannt, als er in Bayern einige zehntausend Wohnungen der Neuen-Heimat- Holding BGAG aufkaufte. esch