Vertane Chance

■ Zur Reise einer Grünen-Delegation nach Israel

Man muß nicht dem Vergleich Saddam Husseins mit Adolf Hitler zustimmen, um zu verstehen, welch ungeheurer Bedrohung sich die israelische Bevölkerung ausgesetzt fühlt, seit die irakische Propaganda angekündigt hat, Israel in ein einziges großes Krematorium zu verwandeln. Auch muß wohl niemand auf den Knien nach Israel rutschen und auf immer und ewig fragwürdige Reue zur Schau stellen ob historischer Verantwortung und aktueller Scham angesichts deutscher Beteiligung an der mörderischen Aufrüstung der Aggressionspotentiale Saddam Husseins.

Ganz besonders von Christian Ströbele, dem Sprecher des Bundesvorstandes der Grünen, erwarten wir einen aufrechten Gang. Will er doch gerade jene Strömung der kritischen bundesdeutschen Öffentlichkeit vertreten, die sich antifaschistische Tradition auf die Fahnen geschrieben hat, die neofaschistische Tendenzen hierzulande überaus ernst nimmt, die die bundesdeutschen Technologie- und Waffenexporte in aller Herren Länder heftigst kritisiert, die z.B. gerade auch das Existenzrecht eines palästinensischen Staates neben dem israelischen Staat einklagt und verteidigt, und auch in diesem Bestreben Verbindung zur israelischen Friedensbewegung und dortigen kritischen Öffentlichkeit sucht.

Kurz vor seinem Abflug in den Nahen Osten machte Stroebele, der sich als Vertreter der kritischen deutschen Bewegung sieht, die ungeheuerliche Aussage, die irakischen Raketenangriffe seien „logische, fast zwingende Konsequenz der Politik Israels“. Genau gegen diese vermeintliche Logik wendet sich aber die junge deutsche Friedensbewegung. Den Beweis für ihre Unabhängigkeit von solcherlei Schimären hat die Friedensbewegung bei der großen Demonstration in Bonn erbracht, als sie klarmachte, daß weiß Gott nicht blanker Anti-amerikanismus die Menschen hier zu Hundertausenden gegen den Krieg auf die Straßen treibt. Diese Bewegung richtet sich gegen das erbarmungslose Bombardement der irakischen Bevölkerung gleichermaßen wie gegen das Bombardement israelischer Zivilisten und arabischer BewohnerInnen Israels und der besetzten Gebiete. Das hat Ströbele offenbar nicht verstanden und insofern kann er diese Bewegung auch nicht vertreten.

Ströbeles haarsträubende Ausführungen haben bereits vor der Ankunft der Grünen-Delegation in Israel Furore gemacht. Auch prominente Mitglieder der israelischen Peace-now-Bewegung haben sich angesichts der vermeintlich naiven Friedensbewegung hierzulande irritiert gezeigt. Besonders mit diesem Teil der israelischen Öffentlichkeit hätte Auseinandersetzung und Verständigung bitter Not getan. Ströbele hat die Möglichkeit der konstruktiven Auseinandersetzung zertreten, bevor er nur einen Fuß nach Israel gesetzt hat. Petra Groll