DERPAUSBACKEN-POP-TIP  ■  RIDE

Die jahrelange Orientierungslosigkeit der englischen Pop-Szene mündete in den letzten vier Jahren in eine verstärkte Party-Tätigkeit, die schließlich jede Menge Dancefloor wie zum Beispiel House zu Folge hatte, und in letzter Konsequenz unter dem Begriff »Rave« zusammen gefaßt wurde. Daneben sägten aber immer noch jede Menge, bläßliche, schmalgesichtige Jüngelchen am verwaisten Thron der Smiths, vor allem seit Morrisey nicht mehr viel zustande bringt, außer auf Titelseiten von Schwulen-Magazinen aufzutauchen.

Ride gehören zu dieser zweiten Fraktion, verbanden amerikanische Heftigkeit und Lärm mit der, dem englischen Smithsgeprägten Gitarrenpop innewohnenden, Behäbig- und Langsamkeit, die öfter mal ins Manirierte abzugleiten droht. Was sie so außergewöhnlich machte, war vor allem die Tatsache, daß sie so jung und schon so gut waren. Alle vier so um die 20, sehen aber aus wie 16 — pausbäckig zur Spitze.

Nach drei EPs, die allesamt gute Songs und viel Erfolg hatten, machten sie Ende letzten Jahres ihre erste LP »Nowhere«, die sich genauso anhört, wie das Cover aussieht. Als wären Novalis, diese Krautrocker (falls sich an die noch jemand erinnert), wiederauferstanden. Blau, blau, noch blauere Wellen und sonst nichts. Als wären die vier Jungens frühvergreist, so lahmarschig und öde perlen und plinkern hier die Gitarren. Die Melodien sind so zerdehnt, daß sie kaum noch zu erkennen sind, und die Drogen, um dabei nicht einzuschlafen, sind noch nicht erfunden.

Letztes Jahr in Roskilde waren sie die positivste Überraschung für mich. Umso größer ist die Enttäuschung über dieses nichtsnutzige Sahneteilchen von LP. Aber live wird das Tempo vielleicht ja schneller und der Sound weniger süßlich — hoffentlich. to

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