Bush will Saddams Ende

Schwarzkopf ist auf den Bodenkrieg nicht erpicht/ Militärs berichten von „fürchterlichen“ Verlusten unter den irakischen Soldaten  ■ Aus Washington A. Zumach

In Erwartung der irakischen Antwort enthielt sich die Bush-Administration gestern zunächst weiterer offizieller Stellungnahmen zu den Vorschlägen Gorbatschows für eine Beendigung des Golfkrieges. Am Dienstag hatte Präsident Bush die Moskauer Vorschläge als „nicht ausreichend“ bezeichnet, sie jedoch nicht endgültig abgelehnt.

Die Intensität der Luftangriffe gegen Irak wurde weiter erhöht. Offiziell hieß es, die US-Streitkräfte und ihre Alliierten seien bereit, „jeden Moment“ auch mit Bodenattacken gegen Irak zu beginnen. Aus Äußerungen verschiedener Mitglieder der politischen wie der militärischen Führung der USA wurden unterdessen Unterschiede bei der Einschätzung der Lage, der Beschreibung der Kriegsziele sowie der Notwendigkeit eines Bodenkrieges deutlich. Zum ersten Mal seit Beginn des Krieges äußerte sich ein hoher US-amerikanischer Militär über die Verluste unter den irakischen Soldaten in Kuwait und beschrieb sie als „fürchterlich“.

Nach Aussagen von Vertretern der Administration haben Präsident Bush und sein engster Führungskreis im Weißen Haus „die Sorge“, die sowjetischen Vorschläge könnten es Saddam Hussein erlauben, „sein Gesicht zu wahren, sowie Zeitplan und Umstände des Rückzugs aus Kuwait zu bestimmen.“ Die irakische Führung spiele auf Zeit und versuche, den Beginn eines Bodenkrieges „immer weiter hinauszuschieben, bis die Sandstürme, die Klimabedingungen und der beginnende Ramadan ihn unmöglich machen“. Bush wolle, wenn nur irgend möglich, eine Entfernung Saddam Husseins von der Macht in Bagdad, besser noch seinen Tod. Daher lehne er die im sowjetischen Vorschlag vorgesehen Garantien für ein Überleben der derzeitigen irakischen Regierung ab. Die Vorstellung, daß sein Erzfeind bei einer künftigen Nahostkonferenz „mit am Tisch sitzen“ würde sei für Bush „völlig unakzeptabel“.

In zahlreichen öffentlichen Stellungnahmen versuchten Vertreter des rechten Flügels der republikanischen Partei wie z. B. Senator Warner, Bush in der Absicht, Saddam Hussein zu beseitigen, ebenso zu bestärken, wie Mitglieder der israelischen Regierung. Dagegen gab es von Nahostexperten und aus dem State Department warnende Stimmen. Sie verwiesen darauf, daß für die langfristigen Entwicklungen im Nahen Osten und für die Beziehungen der USA zu dieser Region ein „durch eine Niederlage gedemütigter, aber lebender Saddam besser sei als ein toter Märtyrer“.

Deutlich vorsichtiger als Vertreter der Administration äußerte sich der Oberkommadierende der US- Streitkräfte am Golf, General Schwarzkopf. Auf die Frage, ob er seine militärische Mission für erfüllt halte, wenn sich die irakischen Truppen „bedingungslos aus Kuwait zurückzögen, Saddam Hussein aber an der Macht bliebe und einen Teil seines militärischen Potentials intakt“, antwortete Schwarzkopf: „Absolut ja.“ Derzeit zerstörten die Luftstreitkräfte der USA und ihrer Verbündeten täglich über 100 irakische Panzer, sagte Schwarzkopf.

Politische Beobachter in Washington, darunter Militärattaches von Botschaften mit der USA verbündeter westeuropäischer Staaten, verbreiteten am Dienstag die Einschätzung, Bush sei aus politischen Gründen an einem Bodenkieg interessiert, während die Militärs eher bremsten. Dem weiteren Verlauf und Ausgang des Golfkrieges wird in Washington eine Vorentscheidung für die Präsidentschaftswahlen im November 1992 zugemessen.

Die irakischen Städte Bagdad und Basra waren Hauptziel der über 2.800 Luftangriffe am Dienstag. Pentagonsprecher wiesen den Eindruck von Journalisten zurück, die Intensivierung der Angriffe sei erfolgt, um vor einem möglicherweise baldigen Ende des Krieges noch soviel zu zerstören, wie möglich. Von der kuwaitisch-saudi-arabischen Grenze wurden für den 34. Kriegstag mehr Scharmützel zwischen Bodentruppen gemeldet, als je zuvor.

Als „fürchterlich“ beschrieb ein hoher US-Militär gegenüber der „Washington Post“ die Verluste unter den irakischen Soldaten. Bislang hatten US-Sprecher Äußerungen zu menschlichen Opfern unter den irakischen Streitkräften wie unter der Zivilbevölkerung immer vermieden. „Mehr als 3.000 Soldaten seien allein bei der Zerstörung von 1.400 der 4.200 irakischen Panzern getötet worden“, erklärt der US-Militär. Viele Soldten stürben auch wegen schrecklicher Bedingungen bei der medizinischen Versorgung.

Kompaniechef Jess Fairington schilderte den Angriff von „Apache“-Kampfhubschraubern auf eine irakische Stellung 80 Kilometer innerhalb Iraks am frühen Montagmorgen: „Wir haben sie mit heruntergelassenen Hosen erwischt. Sie lagen noch in ihren Schlafsäcken. Es war wie beim Truthanschießen.“