Krieg der verbrannten Ölquellen

■ Irak soll 179 Ölquellen in Kuwait in Brand gesetzt haben/ Ökologische Folgen sind verheerend

Riad/London (dpa) — In dem vom Irak besetzten Kuwait sollen nach Angaben des Pentagons inzwischen mindestens 179 der fast 1.000 Ölquellen brennen. Ungefähr 130 Brände seien in den letzten zwei Tagen gelegt worden, verlautete am Samstag aus US-Militärkreisen. Es wurde die Vermutung geäußert, daß die Iraker damit sowohl die Bodenschätze des Emirates vernichten wollten, als auch darauf abzielten, durch einen dichten Rauchvorhang die Angriffe der Alliierten zu erschweren.

Während ein Sprecher der US- Armee im Hinblick auf die anstehende Bodenoffensive erklärte, die Truppen seien „vorbereitet, dieses Problem zu bewältigen“, diskutieren Ölexperten und Umweltschützer die verheerenden Konsequenzen der Ölbrände. Wenn die schwarzen Qualmwolken für längere Zeit den Himmel über einem Viertel von Kuwait verdunkeln, ist nicht nur schwarzer Ruß-Regen in entfernten Regionen am Golf und sogar in Teilen Afrikas zu erwarten, erklärte am Wochenende in London der Atomphasiker Frank Barnaby. Auch auf das spärliche Wachstum in unmittelbarer Nähe werde dies Auswirkungen haben: Die Temperaturen in Kuwait könnten bis zu zehn Grad sinken, solange die Brände andauern.

Das Löschen der brennenden Ölquellen und -förderanlagen in Kuwait ist nach Ansicht von Ölexperten in Großbritannien „eine gigantische Aufgabe“. Nur Fachleute wie der legendäre Texaner „Red Adair“ seien dafür geeignet, und von diesem Kaliber seien allenfalls fünf in der ganzen Welt bekannt, sagte Barnaby. „Bis eine einzelne Quelle gelöscht ist, können Tage und Wochen ins Land gehen“, zitierte am Sonntag der britische 'Observer‘ den Ingenieur Rob Wesson von einer texanischen Spezialfirma. Nach seinen Angaben ist vor allem der Mangel an Wasser ein Problem. Ein im englischen Exil lebender kuwaitischer Erdölfachmann hingegen war weniger pessimistisch. Er verwies darauf, daß ein Großteil der kuwaitischen Erdölvorräte tief in der Erde lagert und daß der Druck, der das „schwarze Gold“ zur Oberfläche treibt, nur gering ist. „Nach einiger Zeit werden die Feuer von selbst verlöschen, da den Flammen dann der Sauerstoff fehlt, wenn sich der Brandherd in die Tiefe verlagert“, meint der im Londoner Komitee für ein freies Kuwait mitarbeitende Wissenschaftler.

Derweil wird auch schon mit den Zahlen für den Wiederaufbau der kuwaitischen Ölindustrie gepokert. Schon innerhalb von 12 bis 18 Monaten nach Kriegsende könne die Ölproduktion des Emirats wieder auf Vorkriegsstand gebracht werden, erklärte David Mangan, Chefredakteur der Fachzeitschrift 'Oil Daily Energy Compass‘. Nach Expertenschätzungen werde der Wiederaufbau der kuwaitischen Ölindustrie rund 60 Milliarden DM kosten.