„So laß uns in Würde sterben“

Viele Iraker sind entsetzt über die Ablehnung des Rückzugsangebots/ Der Einmarsch in Kuwait wird für einen Fehler gehalten  ■ Aus Bagdad Khalil Abied

Es ist Samstag, der 23. Februar. In wenigen Stunden läuft das Ultimatum der USA für den „sofortigen Rückzug“ des Irak aus Kuwait ab. Die von der Führung in Bagdad verkündete Bereitschaft zu einem Rückzug hatte bei vielen Irakern große Hoffnungen auf Frieden geweckt. „Als ich die Erklärung hörte, fühlte ich, daß der Krieg zu Ende gegangen ist“, sagt Mouhssen Saleh, ein Händler. „Aber jetzt bin ich enttäuscht. Die ganze Sache (er meint den irakischen Einmarsch in Kuwait — d. R.) war ein Fehler.

Doch nun ist der Irak zum Rückzug bereit. Was wollen sie (die Amerikaner) mehr? Wenn Dir jemand die Hand reicht, dann mußt Du ihm auch Deine Hand reichen, und nicht seine Hand in Fesseln legen. Die amerikanischen 'Bedingungen‘ sind keine Bedingungen, sondern Demütigungen.“

Wie Mouhssen Saleh sagen fast alle Iraker offen und unmißverständlich, daß der Einmarsch in Kuwait ein Fehler war. Und wie er, sind sehr viele schockiert über die schroffe Reaktion von George Bush, nachdem die Regierung in Bagdad die sowjetische Friedensinitiative akzeptiert hat. Monatelang hatte ihnen die Regierung erzählt, daß sie in Kuwait einmarschieren mußte, weil es eine Verschwörung gegen den Irak gab.

Nach und nach scheinen die Menschen nun zu glauben, daß die offiziellen Medien keine Propaganda verbreiteten, sondern die Wahrheit. „Den Amerikanern geht es nicht um die Befreiung Kuwaits, sondern um die Zerstörung des Irak“, davon sind sehr viele Iraker nach fünf Wochen unablässigen Luftbombardements überzeugt.

Nach fünf Wochen Krieg fühlen und verstehen die Iraker, was das bedeutet. Tag für Tag erleben sie die Angriffe auf ihr Land. Ihre letzte Hoffnung ruhte auf den sowjetischen Bemühungen und denen anderer arabischer Länder, die eine politische Lösung des Konflikts suchen.

Jetzt kann man jedoch davon ausgehen, daß sie hinter ihrer Führung und ihrer Armee stehen, einen anderen Ausweg haben sie nicht. „Bush fordert, daß die irakischen Truppen ihre Waffen in Kuwait zurücklassen müssen, er will, daß unsere Männer in Schande zurückkommen“, sagt der Händler Mouhssen Saleh. „Nein. Wie wir Araber sagen: Man stirbt nur einmal... So laß uns in Würde sterben.“