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Come-back eines Totgeglaubten

Klaus Franke, Wirtschaftsdezernent (CDU), möchte in Frankfurt seine Erfahrungen einbringen  ■ Von Franziska Hüttl

Frankfurt/Oder (taz) — Zwar „überlebte“ Klaus Franke, Wirtschaftsdezernent der CDU in Frankfurts Stadtregierung, den Mißtrauensantrag der PDS auf der 8. Stadtverordnetenversammlung, doch wird er die Oderstadt trotzdem verlassen. Der 67jährige folgt dem Ruf seiner CDU-Fraktion und kehrt zurück an die Spree, wo er dringend gebraucht wird [von mir nich. sezza]. Dort sitzt er seit dem Jahre 1964 im (West- und nun Gesamt-)Berliner Repräsentantenhaus, dem er mittlerweile als Alterspräsident vorsteht. Und er ist auch seit 1982 der CDU- Chef in Berlin-Steglitz. Als Franke sich Anfang Juni in Frankfurt (Oder) niederließ, versprach man sich hier von ihm vor allem Sachkompetenz in Wirtschaftsfragen. Die „magische Ausstrahlung eines echten Marktwirtschaftslehrers“ bescherte ihm mit 51 Ja-Stimmen sogar einen Vertrauensbonus durch zahlreiche Abgeordnete der Opposition, derweil „Insider des Baugewerbes in Westberlin erstaunt die Augenbrauen (hoben)“ ob diesen politischen come backs ('Märkische Oderzeitung‘). Damals versicherte er noch allen Zweiflern und Kritikern an diesem West-Import: „Ich bin nicht mehr in dem Alter, in dem man sich eine Karriere aufbaut, sondern ich möchte hier in Frankfurt meine Erfahrungen einbringen.“ Das tat er dann auch ausgiebig. Kollegen, wie zum Beispiel Sozialdezernent Christian Gehlsen (Neues Forum), schätzte Franke jedoch nicht gerade als kooperativ. (Gehlsen in der 'Berliner Morgenpost‘: „Ich habe seine Seminare über Parlamentarismus satt.“) Und so ist besagter Bonus schon nach sieben Monaten stark geschrumpft. Immerhin gab es beim Mißtrauensantrag, über den geheim abgestimmt wurde, Gegenstimmen auch aus den Reihen der Koalition.

Herbes Mißtrauen hatte Franke die Verschacherung des Freizeitzentrums „Helene-See“ an einen Westberliner Generalpächter eingehandelt. Mittlerweile munkelt man in der Stadt, die Weiterverpachtung solle dem Pächter bereits mehr einbringen, als die Generalpachtsumme, die die Stadt erhält, ausmache. Andere wollen wissen, daß Fernsehjournalisten der ARD gerade recherchierten, wie gut Frankes Kontakte zu diesem Pächter bereits in seiner Berliner Zeit waren. Sei es wie es sei. Ehe klare Fakten auf dem Tisch liegen, wird Herr Franke nicht mehr in Frankfurt (Oder) sein. Wurde ihm hier der Boden unter den Füßen zu heiß? Zum Amtsantritt hatte er vielsagend verkündet, „bei den Investoren könne er sehr wohl Gut als auch Böse unterscheiden“ ('MOZ‘). Nun scheinen viele zu ahnen, wie er das gemeint hatte.

Bedauerlich für ihn war nur, daß diese Entscheidung immer mehr Abgeordnete Franke nicht allein überlassen wollten. Sie warfen ihm deshalb zunehmend Eigenmächtigkeiten vor, auch beim lange in aller Stille betriebenen Verkauf des Hochhauskomplexes im Zentrum der Stadt. Hier will Franke die Treuhand jedoch nur beraten haben. Auch anderen Punkten des Mißtrauensantrages fehle es an Substanz. Von seiner Tätigkeit im Berliner Parlament sei er bisher beurlaubt und auch sein Engagement in einer Bauträgergesellschaft, die übrigens mit Investitionen in den von Israel besetzten Gebieten beschäftigt war, habe er ruhen lassen ('MOZ‘). Was auffällt, ist die Dominanz (West-)Berliner Interessenten oder Aktivitäten auf vielen Gebieten, die den Verantwortungsbereich Klaus Frankes tangieren, so auch bei der Wiederbelebung der Frankfurter Messe- und Universitätstraditionen. Obgleich die Stdat jede Unterstützung dringend braucht, wirkt der Vorwurf der Einseitigkeit durch die Opposition nicht unberechtigt. Gab es wirklich keine anderen Interessenten oder wurden diese außen vor gehalten? Pikant ist eine gewisse Duplizität der Ereignisse, handelt es sich doch um jenen Klaus Franke, der als Senator für Bau- und Wohnungswesen in Westberlin 1986 von Eberhard Diepgen als damaligem Regierenden Bürgermeister um Rücktritt gebeten wurde. So beschreibt es jedenfalls Franke selbst. Die Zeitschriften 'Stern‘ und 'Spiegel‘ sahen es seinerzeit etwas anders. Und auch die regionale 'Märkische Oderzeitung‘, die am 19. Juni 1990 nach Leserbriefanfragen zur Vergangenheit Frankes ihre Westberlin-Recherchen veröffentlicht: „Die Fachjournalisten Michael Sintheimer ('Die Zeit‘, Hamburg) und Jochen Vorfelder wissen über den ehemaligen Mitarbeiter amerikanischer und englischer Geheimdienste Aufschlußreiches zu berichten“, schreibt Jens Sell. „So mußte ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß gegen Franke ermitteln, wieso er als Direktor der größten und gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft DeGeWo 1982 den Ankauf einer Wohnanlage in der Schlangenbader Straße gegen den Widerstand des Aufsichtsrates für den überhöhten Kaufpreis von 68 Millionen Mark durchsetzte.“ Franke wies diese Darstellung zurück, nach dem der durch Bürger um Stellungnahme gebetene Frankfurter Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Denda ihm die Antwort überlassen hatte, ohne sich selbst zu Frankes Verwicklung zu äußern. Zwar habe es einen Verdacht gegen ihn, Franke, gegeben, aber die Staatsanwaltschaft habe nicht einmal einen sogenannten „Anfangsverdacht“ konstatiert. Tatsache sei, daß in Frankes Verwaltung zwei Mitarbeiter wegen Bestechung und darüberhinaus eine Reihe von Vorstandsmitgliedern städtischer Wohnungsbaugenossenschaften und -gesellschaften sowie mehrere Stadträte ebenfalls wegen Korruption bzw. Bestechung verurteilt wurden. Übrigens stammten die Verurteilten laut Franke aus der gesamten Alt-Parteienlandschaft der BRD: CDU, SPD und F.D.P. Wie sieht es nun um die Fachkompetenz von Klaus Franke aus?

Hier zitierte die 'MOZ‘ den damaligen Ausschußassistenten Günter Freye (FDP): „Herr Franke hat die Vertragsverhandlungen wie ein Anwalt der Verkäuferin geführt, er hat dem Aufsichtsrat wichtige Informationen vorenthalten. Damit hat Herr Franke den Interessen der Eigentümern, nämlich denen des Landes Berlin, geschadet. Jeder Fachmann, der den Vorgang gründlich studiert, wird ihm absolute Unfähigkeit bescheinigen.“ Dem kann man eigentlich nicht zustimmen, denn Herr Franke erscheint angesichts seiner Biografie als ein zu vielen fähiger Experte. Seine reichen Erfahrungen werden jetzt wieder im geeinten Berlin gebraucht. Man darf darauf gespannt sein, wie es ihm gelingt, diese einzusetzen.

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