Wunderkerzen im Wüstensand

■ Ulrich Reineking-Drügemöller: Text as Text can

Ob Krieg und/oder Frieden: Gekniffen ist einmal mehr der kleine Mann, die sanftmütige Frau , das herzige Kind. Während Red Adair vorm Job seines Lebens steht und abertausend Wunderkerzen im Wüstensand ausblasen darf, wittern Juweliere in Zürich, Paris und London ein Bombengeschäft. Avisierter Verkaufsschlager für die werte Kuwait-Kundschaft mit Nachholbedarf: Patriotsplitter, gefaßt in Sterlingsilber und mit blutrotem Rubin besetzt.Die Bremer Silberwarenmanufaktur hat Herrn Colani bereits mit dem Entwurf beauftragt. Und Autoschlosser Werner Niefer hat schon das erste Dutzend für die treueste Stammkundschaft der Welt geordert.

Kabarettisten aber, vor allem jene, die gerade erst vom klassischen Beruf des Karnevalisten umgeschult wurden, stehen vor dem Nichts: Die Kriegskonjunktur hatte ihnen volle Häuser und reichlich Auftritte beschert, und nun ist erst einmal Schluß mit Karneval in Bagdad. Wer sichert nun den Politkomikern ihren Anteil an den fälligen Reparationen? Wer bezuschußt die Entwicklung neuer Programme? Der Clown hat wieder keine Lobby...

In das drohende Nachrichtenloch hinein plaziert Horst Günter Wyremba vom Fischwirtschaftlichen Marketing-Institut in Bremerhaven (Am Baggerloch 1, Tatsache!) über seinen Pressedienst die zeitlos-schöne Forderung „Zwei Fischtage — das Beste fürs Herz“.

Den begehrten Titel „Laberfranz des Monats Februar“ erschwätzte sich mit einigen Längen Vorsprung der Rechtsanwalt und Notar Axel Adamietz. Der ehemals grünlistige Bürgerschaftler und derzeitige Liberale äußerte sich anläßlich seiner Wahl zum Vorsitzenden des Turnvereins Oberneuland unter anderem so: „Wir müssen heute die Phase des Ex- und Hopp-Freizeitverhaltens überwinden. Auch in anderen Bereichen fangen wir an, den Wert konkreter räumlicher und sozialer Bezüge — dabei sogar von Begriffen wie Heimat und Gemeinschaft — wieder neu zu entdecken. Sportliche Betätigung darf deshalb nicht einfach eine Ware sein, die im Dienstleistungszentrum eingekauft und entsprechend verbraucht wird, sondern Sport muß für uns vor allem als menschliche Beziehung gesehen werden. Das Ganze soll dann auch jenseits von Vereinsmeierei und reinem Kommerzdenken als hervorragender moderner Traditionsverein geführt werden.“ Die Mitte aber ist der Anfang vom Ende, und das Vereinsvolk hat viel Raum im Sportpark Eichengrund (!).

Ein paar schöne Stunden kann man sich am kommenden Dienstag im bremischen Amtsgericht machen, ganz ohne Eintrittsgeld. Auf dem Programm steht um 9 Uhr in Saal 55O die von Harald S. (46) eingeschlagene Wohnzimmerscheibe eines Justizwachtels aus Oslebshausen, der den wüsten Harald während seiner Knastzeit zu bewachen hatte. Mit einer interessanten Motivlage darf gerechnet werden.Auch nicht ohne ist der Fall von Heiko S., der um 1O.2O Uhr in Saal 451 verhandelt wird: Nachdem sein Antrag auf Ausnahmegenehmigung zum Befahren der Ostertorswallstraße behördlich abgelehnt wurde, soll er in mutmaßlich urkundenfälschender Absicht den schriftlichen Bescheid so hinter die Windschutzscheibe geklemmt haben, daß er wie eine Erlaubnis wirkte. Am Blechle hängt, zum Blechle drängt doch alles...

Der christdemokratische Bundestagsabgeordnete Thomas Kossendey aus ausgerechnet Edewecht stürmt punktgenau zum vorläufigen Kriegsende die Medien mit der Forderung nach dem Einsatz von Bundeswehrsoldaten bei der Minenräumung. Nun sollte sich der Herr ja eigentlich lieber um Schweinepest und Güllesee vor seiner eichenholzgeschnitzten Haustür kümmern, aber irgendwo hat der Vorschlag auch etwas Bestechendes: Endlich könnten sich all' die Schreibtischtäter mal ein bißchen nützlich machen, die in den letzten Wochen so emsig an den verbalen Flakgeschützen genudelt haben.

PS: Was würden Sie an meiner Stelle machen: Komplettes SCHWORTZKOPP-Szenario für die heutige Vorstellung des Kabaretts der Literarischen Gewalttätigkeiten vorbereitet, und nun schweigen die Waffen? ips bitte kurz vor Beginn der Vorstellung in der Garderobe der GaDeWe abgeben!