Kuwait ist befreit aber nicht frei

■ Augenzeugen berichten über irakische Greueltaten/ Emir führt Pressezenzur und Sondergerichte ein

London (ap/afp/dpa) — Bewohner Kuwaits berichteten über schlimmste Greueltaten irakischer Soldaten während der siebenmonatigen Besatzung. Das Emirat sei wie ein „riesiges Konzentrationslager“ gewesen, sagte der Arzt Dschaffar Mohammed am Mittwoch. Er habe gesehen, wie irakische Soldaten fünf Menschen ohne Grund erschossen und später in ein Massengrab geworfen hätten, sagte der Arzt. Von diesen Massengräbern gebe es mehrere in Kuwait. „Was immer Sie gehört haben über die Greueltaten der Iraker — es ist wahr“, sagte der britische Geschäftsmann Geoff French, der sich während der gesamten Besatzungszeit versteckt gehalten hatte. „Die Soldaten haben die Bewohner der Stadt brutal behandelt, einige wurden geschlagen, andere getötet.“ Zahlreiche Kuwaiter hätten ihr Leben nur dadurch gerettet, daß sie Iraker bestochen hätten. French hatte sich mit 26 weiteren Briten versteckt, um der Festnahme durch irakische Truppen zu entgehen.

Mit der Verhängung des Kriegsrechts in Kuwait für drei Monate hat sich die Exilregierung, die ihre Rückkehr für die nächsten Tage angekündigt hat, die absolute Macht gesichert. Das kuwaitische Gesetz zum Ausnahmezustand verleiht der Regierung weitreichende Vollmachten und beschneidet die Bürgerrechte der Bevölkerung empfindlich. Unter anderem verbietet es Versammlungen, ermöglicht die Auflösung von politischen Vereinigungen und genehmigt Pressezensur und die Kontrolle des Telefon- und Postverkehrs. Armee und Polizei überwachen die Einhaltung der Ausnahmebestimmungen.

Nach Artikel drei erhält der Erbprinz und Regierungschef, Scheich Saad el Abdallah el Sabah, die Vollmacht, alle Waffen einziehen und Personen, Büros und Häuser zu jeder Tages- und Nachtzeit durchsuchen zu lassen. Er legt die Öffnungs- und Schließungszeiten aller öffentlichen Einrichtungen fest. Der Regierungschef bestimmt auch die Modalitäten der Pressezensur und schreibt vor, ob, wann und wo Autoverkehr erlaubt ist. Zudem entscheidet er über die Ausweisung oder Inhaftierung von Nichtkuwaitern und über die Umsiedlung von Kuwaitern.

Der Regierungschef kann dem Gesetz zufolge jede öffentliche Versammlung verbieten, wenn nötig mit Gewalt, und die Aktivitäten jeder beliebigen politischen Vereinigung unterbinden. Er darf zudem die Evakuierung eines jeden Ortes im Land anordnen und vorübergehend Transportmittel oder andere Ausrüstung beschlagnahmen lassen.

Der kuwaitische Kronprinz und Ministerpräsident, Scheich Saad Al- Abdallah Al-Sabah, hat dem saudiarabischen König Fahd versichert, Kuwait werde seinen Nachbarstaaten und vor allem Saudi-Arabien niemals die Hilfe bei der Befreiung des Landes vergessen. Die Zukunft werde mehr Zusammenarbeit beider Staaten auf allen Gebieten bringen, erklärte der Kronprinz in einer vom saudiarabischen Fernsehen ausgestrahlten Ansprache.