Verkehrsminister wollen mehr Geld

Keine Kontroversen zwischen SPD- und CDU-Ministern über „Beschleunigungsgesetz“ für den Osten  ■ Aus Duisburg Walter Jacobs

Ein erheblicher Anteil der Mehreinnahmen aus der Erhöhung der Mineralölsteuer soll zur massiven Aufstockung des Bonner Verkehrsetats genutzt werden. Diese Forderung haben die Landesverkehrsminister am Donnerstag in Duisburg anläßlich der ersten gesamtdeutschen Verkehrsministerkonferenz erhoben. Es sei einhellige Meinung aller Minister, so teilte der bayerische Innenminister Edmund Stoiber (CSU) am Ende der Sitzung mit, daß die zusätzlichen Mittel „zur Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene und den öffentlichen Personennahverkehr“ eingesetzt werden müßten. Eine konkrete Zahl wollte Stoiber indes nicht nennen.

Über alle Parteigrenzen hinweg sind sich die Minister darüber hinaus einig, daß zur Beschleunigung der Verkehrsinvestitionen sowohl ein sogenanntes „Beschleunigungsgesetz“ als auch ein „Investitionsmaßnahmegesetz“ möglichst schnell vorbereitet werden soll. Diese unter Federführung des Bundesjustizministeriums vorbereiteten Gesetze, die darauf abzielen, die gesamte Planung und Umsetzung von Großprojekten im Sinne der Administration, zu Lasten der Bürgerbeteiligung und der juristischen Widerspruchsmöglichkeiten neu zu gestalten, stellen für Hubert Weinzierl, Chef des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland, so etwas wie ein „verkehrspolitisches Ermächtigungsgesetz“ dar. Zwar gibt es gegen diese Regierungspläne auch in der Bonner SPD-Fraktion erhebliche Bedenken, doch die SPD-Verkehrsminister haben diese Vorhaben jetzt einstimmig abgesegnet. Franz-Josef Kniola (SPD), Verkehrsminister in NRW und Vorsitzender der Konferenz, ist davon überzeugt, daß im Interesse der Bewältigung des zusätzlichen Verkehrsaufkommens die neuen Gesetze „ganz schnell kommen müssen“. Ob der gemeinsamen Rede von der Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene auch konkrete Taten folgen werden, sei dahingestellt. Über die einzelnen Projekte wollen die Minister sich bei einer weiteren Konferenz am 6. Mai verständigen.

An ein Ende des Autobahnbaus ist jedenfalls nicht gedacht. Bundesverkehrsminister Günther Krause geht davon aus, daß die Verkehrsprojekte, die im Rahmen der deutschen Einheit realisiert werden sollen, Investitionen in Höhe von 50Milliarden DM erfordern. Davon sollen 40 Milliarden in die neuen Länder fließen. Neben neun Großprojekten für den Schienenausbau sollen nach den Vorstellungen von Krause sieben Autobahnen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR aus- bzw. neugebaut werden. Zu den auszubauenden Strecken zählen die A2, die A4 und die A9. Eine Ost-West-Verbindung soll im Norden, in Mecklenburg- Vorpommern, eine weitere im Süden von Sachsen-Thüringen über Hessen nach Nordrhein-Westfalen führen. „Ohne Neubauten“, so Krause in seinem Referat, „werden wir in beiden Fällen nicht auskommen.“ Neuplanungen seien ebenfalls für die Abschnitte Halle-Magdeburg und Kassel-Eisenach erforderlich.

Umweltminister will Autos stehenlassen

Entgegen den Plänen des Bundesverkehrsministers warnt Brandenburgs Umweltminister Matthias Platzeck vor einem Zupflastern der fünf neuen Bundesländer mit Autobahnen und Straßen. Platzeck befürchtet, daß „mit dem Argument, Straßenbau sei Grundbedingung für den Aufbau der neuen Länder, Tatsachen geschaffen werden, die sich in einigen Jahren bitter rächen“. Platzeck votiert statt dessen für eine intensivere und klügere Raumplanung, die Wege erspart. Wohnen, Arbeiten und Freizeit sollen für alle Menschen im näheren Umfeld möglich sein. Dezentralität sei die Grundlage für „aktiven Umweltschutz“. Platzeck plädiert für einen unbedingten Vorrang der Bahn. Die Gelder für die Modernisierung des Straßenverkehrs müßten auf die Schienen umgelenkt werden. Ziel seines Verkehrskonzepts sei, daß „das Auto steht, so oft es geht“.

Zu Überlegungen in Brandenburg, den neuen Großflughafen für die Berliner Region zu bauen, äußerte sich Platzeck zurückhaltend. Die ökologische Gesamtbilanz im Raum Berlin-Brandenburg müsse verbessert werden. Das heißt für Platzeck, daß bei einem neuen Großflughafen die drei bestehenden Flughäfen Berlin-Tegel, -Tempelhof und -Schönefeld geschlossen werden müßten.