Berlinale - und wir?

■ Welche Filme vom Festival kommen hierher?

Die bösen Kommentare über das mittelmäßige Wettbewerbsprogramm und die Entscheidungen der Jury sind geschrieben, aber vielleicht warten dennoch einige Cineasten darauf, den einen oder anderen Film auch wirklich im Kino zu sehen.

Viele der amerikanischen Studio-Produktionen starten gleich nach dem „Preview“ in Berlin, und auch das einhellige und laute Buhen nach der Vorstellung von „Der Feind in meinem Bett“ mit Julia Roberts ist noch gute Publicity für den Verleih. Lediglich auf Jonathan Demmes brillianten Gruselfilm „Das Schweigen der Lämmer“ und Stephen Frears düsteren „Grifters“ wird man noch bis April warten müssen. Und selbst die kleinen, unabhängigen US-Filme wie „Julia has two lovers“, „State of Grace“ oder „Iron Maze“ haben einen Verleiher und starten bis Ende August.

Auch über die deutschen Filme kann sich jeder bald selbst ein Urteil bilden: sogar die spröde Ex- DDR Dokumentation „Verriegelte Zeit“ von Sibylle Schönefeld startet bereits am 14.3. — ob und wo sie dann gezeigt wird, ist eine ganz andere Sache. Nur ein deutscher Film hat merkwürdigerweise noch keinen Verleih, dabei könnte gerade er ein Kassenerfolg werden: Christoph Bölls Neuverfilmung von „Sisi“ kommt ohne jeden Anspruch und Respekt daher, und ist vielleicht gerade weil er „nur“ unterhält, der deutschen Filmwirtschaft suspekt.

Im internationalen Forum des jungen Films liefen so unterschiedliche Filme wie Jacques Rivettes 730 Minuten langer „Out 1 — Noli me tangere“, der seit seiner Uraufführung vor zwanzig Jahren jetzt das erste Mal wieder gezeigt wurde, und ein furioser Actionfilm aus Hongkong mit dem Titel „Swordsman“. Dieser „Meister des Schwertes“ (so der deutsche Titel) hat einen Verleih gefunden und kommt Anfang Juli ins Kino. Rivettes Mammutfilm will das Kommunalkino im Institut Francais zeigen. Auch der sehr einfühlsame „An Angel At My Table“ von der Australierin Jane Campion kommt ab Ende April heraus. Bei vielen anderen Filmen des Forums kann man nur hoffen: Jon Josts „Sure Fire“ und „All the Vermeers in New York“ kamen zum Beispiel so gut an, daß sie über kurz oder lang in den Programmkinos oder zumindest in der Glotze auftauchen werden. Wilfried Hippen