Zahlen die Alliierten alleine für den Golfkrieg?

In den USA hat das Geschacher um die Kriegskosten und Beihilfen begonnen  ■ Von Andreas Zumach

Kaum ist der Golfkrieg zu Ende, geht das Geschacher um die den USA tatsächlich entstanden Kriegskosten und die zugesagten Finanzbeihilfen der Verbündeten los. Das Pentagon präsentierte den zuständigen Ausschüssen des Kongresses letzte Woche einen Nachtragshaushalt, in dem die Kosten für den sechswöchigen Krieg mit 77 Milliarden US-Dollar erheblich höher angesetzt werden, als in der im Januar vorgelegten Ausgabenplanung. Damals hatten Pentagon und Budgetbüro des Kongresses die Kosten auf 86 Milliarden Dollar kalkuliert.

Zu Grunde gelegt wurde eine Kriegsdauer bis Ende März, darunter eine einmonatige Bodenkriegsphase. Die täglichen Durchschnittskosten des Bodenkrieges wurden mit rund zwei Milliarden Dollar mehr als doppelt so hoch veranschlagt wie die Ausgaben während der Luftkriegsphase. Über die Hälfte der 86 Milliarden Dollar war also für eine 30tägige Bodenkriegsphase vorgesehen.

Um so erstaunter waren die Abgeordneten über den 77-Milliarden- Haushalt, obwohl der gesamte Krieg einen Monat eher als geplant beendet wurde und die Kampfhandlungen am Boden nur fünf Tage dauerten. Kongreßmitglieder beider Parteien äußerten bereits den Verdacht, das Pentagon betreibe eine „doppelte Buchführung“. So habe das Verteidigungsministerum Ausgaben, die es im normalen Budget für das Haushaltsjahr 1992 nicht mehr unterbringen konnte, nun den Golfkriegskosten zugeschlagen. Im November letzten Jahres hatten sich Kongreß und Regierung auf ein neues Gesetz zur Haushaltskontrolle geeinigt, wonach die im Budgetentwurf festgelegten Ausgaben pro Einzeletat nicht mehr erhöht werden können.

Die Kriegskosten fallen jedoch nicht unter dieses Gesetz. Robert Reischauer, Direktor des Budgetbüros des Kongresses, teilt daher den Verdacht auf „doppelte Buchführung“ des Pentagon. So seien nur etwa zwei Milliarden der im Golfkriegsetat aufgeführten 4,9 Milliarden Dollar für Treibstoff tatsächlich ausgegeben worden. Die anderen 2,9 Milliarden müßten korrekterweise im normalen Pentagonhaushalt ausgewiesen werden.

Auf Mißtrauen bei Reischauer und zahlreichen Kongreßmitgliedern stößt auch die Zahl von 500 Patriot-Abwehrraketen, die laut Etatansatz angeblich im Golfkrieg gegen anfliegende irakische Scud- B-Raketen abgeschossen wurden und nun neu beschafft werden sollen. Nach Schätzung des demokratischen Senators Harkins wurden nur 140 Patriot verfeuert.

Budgetbürochef Reischauer schätzt die tatsächlich entstandenen Kosten auf 45 Milliarden Dollar. Diese Summe liegt unter den 53,5 Milliarden, die die Verbündeten der USA zugesagt haben. Damit wäre der Krieg zu über 100 Prozent von den Verbündeten finanziert. Im Kongreß herrscht allerdings tiefes Mißtrauen, daß die 53,5 Milliarden auch tatsächlich in Washington ankommen. Am letzten Donnerstag, dem Beginn des Waffenstillstandes, waren gerade erst 14,9 Milliarden Dollar auf die US-Kriegskonten eingezahlt worden. Besonders skeptisch sind die Kongreßmitglieder gegenüber Japan und der Bundesrepublik. Doch CDU-Generalsekretär Volker Rühe versicherte letzte Woche vor JournalistInnen in Washington, Bonn werde die zugesagten 15,7 Milliarden D-Mark „vollständig bezahlen“, auch wenn die Kriegskosten niedriger seien als erwartet.