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Meisner für Rückgabe vor Entschädigung

■ Wirtschaftssenator unterstützt Justizminister: Entschädigung führt zu einer Klageflut/ Parteien für Geld statt Boden

Berlin. Wirtschaftssenator Meisner (SPD) hat sich für die Beibehaltung des Prinzips, Rückgabe des ab 1949 in der DDR enteigneten Eigentums vor Entschädigung, ausgesprochen. Bei einer Veranstaltung der SPD am Mittwoch abend sagte er, daß er im Unterschied zu gegenteiligen Meinungen in Partei und Fraktion dem »Resitutionsprinzip« zustimme.

Zwar sehe auch er die Gefahr, daß die ungeklärten Eigentumsverhältnisse in Ost-Berlin eine Investitionsbremse darstellten, aber dies würde weniger an der im Einigungsvertrag festgeschriebenen Rückgabegarantie liegen, sondern vielmehr am Manko, daß die Eigentumsrechte grundsätzlich nicht geklärt seien. »Wenn wir wissen, wer der Eigentümer ist, dann könnten wir die Besitzer von Grundstücken und Immobilien mit potentiellen Investoren zusammenbringen«, sagte Meisner. In Ost-Berlin seien in den letzten Monaten über 150.000 Rückerstattungsanträge gestellt worden, deren Bearbeitung »eventuell durch eine Fremdfirma« beschleunigt werden müßte. Viel sinnvoller als das Resitutionsprinzip zu ändern, wäre eine »drastische Vereinfachung der Investitionsbearbeitung«.

Meisner unterstützte damit ausdrücklich die Position des Bundesjustizministers Kinkel (FDP). Genau wie Kinkel fürchtet er, daß eine Änderung der getroffenen Vereinbarung — »Rückgabe vor Entschädigung« — eine Klageflut provozieren würde. Das Eigentumsrecht sei im Grundgesetz verankert und gelte durch den Anschluß der DDR nach Artikel 23 daher auch für die neuen Bundesländer. Obendrein, sagte Meisner, müßte für ein »Entschädigungsgesetz« Geld da sein. »Wer soll das bezahlen«, fragte er.

Im Unterschied zu der Position des Senators erklärte der baupolitische Sprecher der SPD, Otto Edel, gegenüber der taz, daß die Rückerstattungsregelung »das Investitonshemmnis Nummer Eins« sei. Zudem würden mit dem Grundsatz »Rückerstattung vor Entschädigung« die Spekulanten belohnt werden. Der Wohnungsbau würde nach dieser Regelung noch auf Jahre hinaus blockiert werden. »Wir befinden uns in einer Notwehrsituation«, sagte er. »Wir brauchen die Wohnungen jetzt und nicht mit Spekulationsgewinnen in einigen Jahren«. Auch der Berliner Fraktionsvorsitzende der CDU, Klaus Landowsky hat sich für ein Entschädigungsgesetz ausgesprochen. Solange die Investitionsbereitschaft durch langwierige Rückgabeverfahren im Keim erstickt werden, bleibe der Wiederaufbau der neuen Länder blockiert. Die Kaufpreise sollten in einen Fonds eingezahlt werden, aus dem später die Entschädigungsansprüche befriedigt werden können, forderte er. Die CDU-Fraktion wird sich auf einer Klausurtagung am Wochenende mit den Eigentumsverhältnissen in der DDR beschäftigen. aku

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