■ Ted Milton alias BLURT

Wenn die Verrückten im Musikgewerbe langsam aussterben,und es bei Konzerten hauptsächlich nur noch darum geht, happy zu sein oder so zu tun (was manche trotz oder wegen der Drogen nicht einmal hinbekommen, siehe Happy Mondays Konzert vor zwei Wochen), dann brechen schlechte Zeiten heran für Fossile aus den Endsiebziger Punktagen wie BLURT.

BLURT personfiziert sich in der Gestalt des Saxophonisten, Sängers und, wie einige meinen, „Performance Junkies“ Ted Milton. Es gibt zwar einige Mitmusiker, für die interessiert sich aber niemand so recht. Nach Auftritten von BLURT erinnert man sich nach wenigen Tagen auch nur noch an Ted Milton und sein völlig verzweifelt klingendes Saxophon. Als ich ihn das letzte Mal live sah, blies er gerade dem alten Quartier Latin den letzten Marsch. Man hätte wohl kaum jemand neben Blurt finden können, der besser auf eine Beerdigungsparty für einen Club gepaßt hätte. Einige Tage danach kamen die Bagger und rissen dem Quartier die Innereien heraus. Auch auf der Baustelle hätte Blurts Saxophon noch gut gepaßt.

Ein wummernder Preßlufthammerbeat dominiert auf seinem letzten erschienenen Album Blurt! The Body Live! (von '89). Läßt man sich von diesem eintönigen Stampfrhythmus mittreiben, dann entwickelt der Blurt-Sound elementare Qualitäten. Musikalisches Urgestein saust einem um den Kopf - dampfend, heiß, zerstörerisch wie Lava kriecht einem die Masse ins Ohr und verätzt die Gehörgänge. Blurt ist nicht angenehm, Blurt ist einfach da. ES existiert.

Milton reicht es aber nicht, mit seinem Saxophon die letzten Tage der Menschheit einzuläuten. Er singt auch noch obskures Zeugs dazu: „The Revolutionary Bread Roll. Phone Monika! Escape from the Lost Earth - a Dance with Miss Golden!“ Merkwürdig, oder? Manchmal bricht es auch aus ihm heraus, daß er jetzt ganz schnell zum Bahnhof möchte. „Take me to the Bahnhof“ hechelt er dann immer wieder und wieder und wieder. Als hätte er als kleiner Junge einmal das traumatische Erlebnis gehabt, kein Taxi zu kriegen, um seine Mutter vom Bahnhof abzuholen. So etwas prägt natürlich.

Aber was weiß ich... Jedenfalls spielt BLURT heute abend um 20.30 im Loft. Da könnt ihr ihn selbst fragen, was er eigentlich von euch will.

A. Becker (voto: R.Owsnitzki)