Aufstand im Süden offenbar niedergeschlagen

■ Sprecher schiitischer Otrganisationen behaupten, Saddam hätte Napalmbomben gegen die Aufständischen im Südirak eingesetzt/ Angeblich 12.000 bis 16.000 Tote/ Stellvertreter Saddams reist demonstrativ in vorher umkämpfte Städte

Nikosia/Teheran (ap/afp) — Über die Lage in den Aufstandsgebieten Iraks lagen auch am Montag widersprüchliche Berichte vor. Während verschiedene von der Regierung in Bagdad kontrollierte Zeitungen Erfolge der regierungstreuen Truppen gegen die Rebellen meldeten, erklärten Führer der Aufstandsbewegung in Damaskus, der Widerstand gegen die Regierung Saddam Husseins habe sich ausgeweitet. So sei es gelungen, einen Angriff von Regierungstruppen auf die Stadt Kut abzuwehren.

Reisende aus Irak berichteten, die irakische Armee habe rund um Bagdad und alle zwei bis drei Kilometer auf den Richtung Süden führenden Straßen Sperren eingerichtet.

In der Hauptstadt hätten Soldaten damit begonnen, Haus um Haus nach versteckten Waffen zu durchsuchen.

Offenbar um die Außenwelt vom Erfolg der Truppen Saddam Husseins zu überzeugen, entsandte die irakische Führung am Sonntag hochrangige Regierungsvertreter in den Süden des Landes. Die Nachrichtenagentur 'INA‘ meldete, der erste stellvertretende Ministerpräsident Taha Jassin Ramadan sei am Sonntag nach Nedschef gereist.

Einer der Sprecher der fundamentalistischen Schiitenorganisation Ad Dawa, Dschawad Mohammed el Malki, warf dagegen der irakischen Regierung vor, sie habe Napalm gegen ihre eigene Bevölkerung eingesetzt und dabei erneut ein Massaker wie im März 1988 an den Kurden verübt. Damals waren in dem Ort Halabdscha nach dem Einsatz chemischer Waffen rund 4.000 Menschen gestorben. Malki sagte in Damaskus, im Süden Iraks sei auf der Straße zwischen Kerbela und Nedschef Napalm gegen Zivilisten eingesetzt worden. Tausende von Frauen und Kindern seien dabei verbrannt und getötet worden. Ihre Leichen lägen noch immer auf der Straße.

In den heiligen schiitischen Städten Nedscheaf und Kerbela im Südirak sind seit Beginn des Volksaufstandes gegen Präsident Saddam Husesin nach Informationen von Radio- Teheran „12.000 bis 16.000“ Menschen ums Leben gekommen. Beide Städte, die rund 100 Kilometer südlich von Bagdad liegen, waren Berichten zufolge für neun Tage in der Hand der Rebellen.

Der kurdische Oppositionsführer Dschalal Talabani sagte in Damaskus, kurdische Rebellen hätten im Norden Iraks das Gebiet zwischen Mosul und Dohuk befreit. Bei den Kämpfen um die Stadt Kirkuk setze die Regierung in Bagdad auch Kampfflugzeuge und Hubschrauber ein. In die Gefechte würden auch von Saddam Hussein angeworbene in Irak weilende iranische Rebellen eingreifen, sagte Talabani. Die Rebellen hatten schon am Samstag die Einnahme von Mosul, der drittgrößten Stadt des Landes, gemeldet.

Ezzat Ibrahim, der Vizepräsident des irakischen Revolutionskommandorats, hat einer am Sonntag in Nikosia empfangenen Meldung der amtlichen Bagdader Nachrichtenagentur 'INA‘ zufolge mit „kurdischen Stammesführern“ gesprochen. Während des Gesprächs das angeblich im Norden des Landes stattgefunden haben soll, haben die nicht näher bezeichneten „Stammesführer“ angeblich ihre Loyalität gegenüber dem irakischen Staatspräsidenten Saddam Hussein zum Ausdruck gebracht. Saddams Stellvertreter Ibrahim hatte in dem Gespräch laut INA „alle Kurden“ aufgerufen, „sich an dem Verteidigungskampf und dem Wiederaufbau des Landes zu beteiligen“.

Die USA haben den irakischen Streitkräften nach Angaben aus dem US-Hauptquartier in Saudi-Arabien vom Montag die Erlaubnis verweigert, über eigenem Territorium Flüge mit Kampfflugzeugen auszuführen, und für den Fall der Zuwiderhandlung mit der Wiederaufnahme der Angriffe gedroht. Obwohl diese Maßnahme offizell mit der Sicherheit der alliierten Verbände in der Golfregion begründet wurde, deuteten Äußerungen von Außenminister James Baker darauf hin, daß Washington offenbar bestrebt ist, das Regime von Präsident Saddam Hussein daran zu hindern, die für dessen Sturz kämpfenden aufständischen Kurden und Schiiten auch aus der Luft anzugreifen.