SPD stimmt Blauhelm-Einsätzen zu

Die parteiinterne Auseinandersetzung um die zukünftige Verwendung der Bundeswehr endet mit vorläufigem Kompromiß/ Vorerst sollen deutsche Soldaten nur an Blauhelm-Einsätzen teilnehmen  ■ Aus Bonn Ferdos Forudastan

Die „Initiative zur Bewahrung der SPD vor verhängnisvollen Irrtümern“ muß das Gefühl haben, gescheitert zu sein. Mit knapper Mehrheit beschloß der SPD-Parteivorstand gestern, wovor ihn die Initiative am Montag noch gewarnt hatte: das Grundgesetz soll so geändert werden, daß künftig deutsche Soldaten „im Rahmen der UNO und unter UNO-Kommando an friedenssichernden Einsätzen (Blauhelme- Mission) teilnehmen können. So formuliert es einer der vielen Leitanträge für den Parteitag Ende Mai.

Drei unterschiedliche Positionen waren in der SPD in den vergangenen Monaten immer wieder aufeinandergeprallt. Norbert Gansel, Mitglied des Parteivorstandes und außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, stritt dafür, die Deutschen — unter Verantwortung des UN-Sicherheitsrates — aktiv mitkriegen zu lassen. Wenn andere Völker ihre Soldaten Gefahren aussetzten, so Gansel, könnten die Deutschen sich nicht darauf beschränken, Geld zu zahlen.

Andere Parteipromis, Björn Engholm etwa und Oskar Lafontaine, hatten sich verhalten dafür eingesetzt, die Bundeswehr lediglich an Blauhelm-Aktionen zu beteiligen. Und das Präsidiumsmitglied Heidemarie Wieczorek-Zeul wollte von allen diesen Vorschlägen nichts wissen: „Wir sind keine Weltpolizisten“, sagte sie dazu. Überdies habe die Golfkrise bewiesen, daß die Vereinten Nationen in solchen Fällen handlungsunfähig seien.

Heidemarie Wieczorek-Zeul hat sich offenkundig nicht durchgesetzt, Norbert Gansel ebensowenig — letzterer freilich nur auf den ersten Blick. Die Begründung für den vorliegenden Leitantrag legt die Vermutung nahe, daß dies nicht das letzte Wort der SPD ist. Nur jetzt wollen Engholm und Vogel das Grundgesetz nicht weitergehend ändern. Jetzt seien nämlich noch sowjetische Soldaten in unserem Land. Und die, so Engholm gestern vor Bonner JournalistInnen, bildeten „eine formale Barriere, die uns daran hindert, darüber nachzudenken, wie das Grundgesetz noch weiter geändert werden kann.“

Was die hierzulande noch für eine Weile lebenden Mitglieder der Roten Armee mit dem sozialdemokratischen Streit über die verfassungsrechtlichen Grundlagen möglicher deutscher Teilnahme an möglichen internationalen Kriegen zu tun haben — darüber mochte oder konnte Björn Engholm die MedienvertreterInnen freilich nicht aufklären. Es sei zwar, so sinnierte der künftige Parteichef laut, der Stacheldraht zwischen Ost und West gefallen. Die Frage bleibe aber doch: „wie reagieren sowjetische Armeegeneräle darauf, wenn sie sehen, welche Rolle sie heute spielen, nachdem sie gesehen haben, was die USA und andere am Golf machen“. Daß das folgenlos bleibe für die Planung von sowjetischen Strategien, glaube er persönlich nicht. Hier lebende sowjetische Soldaten seien Teil dieser Strategie...

Anders als mit den noch für eine Weile hier lebenden sowjetischen Soldaten wollte Engholm es nicht begründen, daß die SPD „gegenwärtig“ eine Grundgesetzänderung auf die Beteiligung an Blauhelm-Einsätzen beschränken will. Und so konnte er der Vermutung auch nichts entgegensetzen, nach dem Abzug der sowjetischen Soldaten werde die SPD auch eine weitergehende Grundgesetzänderung mittragen: Er wolle keine Frist dafür setzen, wie lange die SPD bei ihrem jetzigen Standpunkt bleibe, erwiderte Engholm lediglich. In zehn Jahren könne die Welt anders aussehen.