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Happy end im gesamtdeutschen Bett

■ Der Zweiteiler „Marx und Coca Cola“, Do. und So. im ZDF

Die Ansagerin verriet das bewährte Strickmuster gesamtdeutscher Fernsehserien: „Bei dieser Geschichte einer Ost-West-Liebe lassen sich heitere aber auch bittere Konflikte nicht vermeiden“. Der Ärger bei der Rezensentin leider auch nicht. Der Titel war besser als der ganze Film, und den hat der Schwarzwaldklinik-Autor Herbert Lichterfeld auch noch bei Godard geklaut. Wer glaubte, daß die sicher spannenden Konflikte einer deutsch- deutschen Annäherung thematisiert wurden, mußte sich einen biederen, übersättigten Westblick auf den ach so menschlichen Osten gefallen lassen.

In Mecklenburg unterwegs, um die Infrastruktur zu erkunden, entdeckt der Immobilienmakler Martin Bärwald (Helmut Zierl) aus Hamburg auf dem Acker seine große Liebe. Doch die sozialistische Bauerstochter Anna (Birge Schade) hat die Lehrsätze aus der FDJ-Schulung nicht vergessen. Sie läßt sich auch ein Jahr nach der Wende nicht von jedem Westler, schon gar nicht von kapitalistischen Maklern, übern Tisch oder besser ins Bett ziehen. Nur die Großeltern und die kleine Schwester können sich so richtig freuen an dem netten Mann und seinen Westpaketen. Beim Spaziergang an der Elbe müssen alle feststellen, wie schön und romantisch die Gegend doch sei. Anna weiß, daß solche Leute wie Martin alles kaputt machen werden.

Noch darf die dralle Blonde ein Weilchen rumzicken und die Seligkeiten des Westens verschmähen. Sie darf auch ihr Volk kritisieren, daß geschlossen den Kurswechsel mitgemacht hat und dieses zur Selbstachtung auffordern. Ihre Schwester wird deutlich: Die Diktatur ist vorbei. Auch wenn alle noch nostalgisch an dem Honeckerbild mit Widmung über Opas Sofa hängen.

Martin, von Hamburger Luxuspartys gelangweilt, verbindet seine Liebe gleich noch mit dem Einmaleins der Marktwirtschaft, was Anna schließlich überzeugt. Sie tritt aus „der Partei“ aus, die Landwirtschaft wird auf Öko-System umgestellt und aus dem Gesindehaus ein Ferienhaus gemacht. Damit auch eine richtig runde deutsche Geschichte daraus wird, heiraten Ost-Frau und West- Mann in der Kirche und der gehaßte, weil in den Westen abgehauene, Vater darf Tochter Anna wieder umarmen. Alle ideologischen Feindseligkeiten vergessen und vergeben. Nur werden die Ostler noch in ihren Träumen von der Vergangenenheit gequält. Schweißgebadet wacht Anna in der Hochzeitsnacht auf, weil ihr Honecker und seine Fackelzüge erschienen sind. Daß sie jetzt doch dessen Foto von der Wand nimmt, zeigt, daß auch sie endlich die Lehren der Gechichte begriffen hatten.

Wenn sich Schnulzenschreiber wie Lichterfeld der gesamtdeutschen Thematik widmen, kann eigentlich nicht anderes als ein dahinplätscherndes Geplänkel voller Klischees herauskommen. Und der Wunsch eines Bilderbuch-Happy ends im gesamtdeutschen Bett mit seinem West-Konto und ihrem investitionsbedürftigen Gründstück, dürfte wohl noch auf lange Sicht unerfüllt bleiben. Anja Baum

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