Einstellungen im Celler Kurdenprozeß abgelehnt

Anträge der Verteidigung, das Verfahren gegen Mitglieder der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) wegen geringer Schuld einzustellen, scheitern am Widerstand der Bundesanwaltschaft/ Mammutprozeß parallel zum Düsseldorfer Verfahren droht  ■ Aus Celle Jürgen Voges

Im Kurden-Prozeß vor dem Oberlandesgericht Celle, in dem die angebliche Verfolgung ehemaliger PKK- Mitglieder angeklagt ist, hat die Bundesanwaltschaft gestern die Einstellung auch nur eines Teils der Verfahren abgelehnt. Für zwei der vier Angeklagten, denen allen die Mitgliedschaft in einer nicht näher definierten „terroristischen Vereinigung“ innerhalb der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zur Last gelegt wird, hatte die Verteidigung zuvor eine Einstellung wegen geringer Schuld beantragt.

Sie hatte sich dabei auf einen Beschluß des Düsseldorfer Oberlandesgerichts bezogen, vor dem gegen 16 Kurden wegen Mitgliedschaft oder Unterstützung der gleichen Vereinigung verhandelt wird. In dem Düsseldorfer Parallelverfahren hatte der dortige Senat per Beschluß vorgeschlagen, die Verfahren gegen acht Angeklagte einzustellen. Nach Auffassung des Düsseldorfer Senats konnte gegen Kurden, die nicht Mitglied des Europäischen Exekutivkomitees der PKK oder eines „PKK-Sicherheitsbereichs“ gewesen sein sollen, der Vorwurf der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung nach Paragraph 129a nicht mehr aufrechterhalten werden.

Mit der gleichen Begründung hatte daraufhin die Verteidigung im Celler Kurden-Prozeß eine Einstellung für jene Angeklagten verlangt, die sich nicht in Untersuchungshaft, sondern auf freiem Fuß befinden. Einem dieser Kurden wird neben der Mitgliedschaft nach 129a zusätzlich lediglich noch der Gebrauch eines falschen Passes zur Last gelegt. Dem zweiten wird neben der Mitgliedschaft noch „Freiheitsberaubung“, nämlich das angebliche Festsetzen eines abtrünnigen PKK-Mitgliedes vorgeworfen.

Während in Düsseldorf die Bundesanwaltschaft in solchen Fällen keine Einwände gegen eine Einstellung wegen geringer Schuld erhoben hatte und dort die Verteidigung auf einer Fortsetzung aller Verfahren beharrte, um Freisprüche und Haftentschädigungen durchzusetzen, stellte sich in Celle die Anklage quer: Mit der Begründung, bei allen Angeklagten seien Verbrechen und keine Vergehen angeklagt, lehnte der Vertreter der Bundesanwaltschaft die beiden Einstellungsanträge ab.

Da eine Einstellung wegen geringer Schuld nur im Einvernehmen zwischen Anklage und Verteidigung möglich ist, muß nun in Celle möglicherweise noch jahrelang gegen alle vier Kurden weiterverhandelt werden.

Über Freiheitsberaubung hinaus wird in Celle einem der Angeklagten auch ein Mord an einem PKK-Abweichler zu Last gelegt. Er soll ihn zwar unter unbekannten Umständen mit unbekannten Mittätern begangen haben, sich aber in einem Telefonanruf gegenüber einem späterem Kronzeugen der Bundesanwaltschaft dazu bekannt haben. In dem durch die Übersetzungen langwierigen Verfahren vor dem OLG Celle sind bisher in drei Monaten von den über hundert Zeugen und Sachverständigen lediglich zwei zu Teilen vernommen worden. Dabei ging es noch um den geringsten der Tatvorwürfe, die angeklagte Urkundenfälschung.