PRESS-SCHLAG
: Die Elfmeterdetektive

■ Reporter: „Gefoult?“ — Spieler: „Gepfiffen!“

Solange es Sportreporter gibt, gibt es deren hochnäsige Sprachmißbrauchskritiker — obwohl das nie sprachliche oder konzeptionelle Verbesserungen von Sportsendungen nach sich zog. Weder Heribert Faßbenders Schmetterballartikulation („N'Abend allerseits“) nach mißglückter grammatikalischer Bypassoperation (Rummenige als Co- Reporter) noch das magische Viereck im Wohnzimmer des Sportschauanbeters aus Glotze, Fernbedienung, Sofa und Pils sind in diesen Landen aus dem Lot zu bringen.

Solange diese Koordinaten stimmen, sind Kritiker überflüssig — nicht aber Deutschlands beliebtesten Realschulabsolventen, die Sportschaureporter. Direkt nach der optimal plazierten Bier- und Autowerbung einiger Firmen mit Zehnjahresabo bohrt sich das Zuschauerauge in den Fernsehrasen.

Als wenn es hier Fußball zu sehen gäbe, wie früher, als sich Ernst Huberty seine Spesen noch selbst quittierte, nein, es gibt doch Wichtigeres: Fußballherzbewegende Neugierde des Reporterlehrlings an die Rüpel der Kritikerelite gerichtet, sind allemal eine Spielunterbrechung wert. Fangfragen in Sherlock-Holmes-Manier untergejubelt: „War es ein Foul, Herr Kritzenthaler?“ „Ist die Rote Karte berechtigt?“

Unterdessen lauert der Kollege Dr. Watson am gegnerischen Kabineneingang mit Kamera und Mikrofon, dem Gefoulten auf der Spur: „Mal ganz ehrlich, sind Sie elfmeterreif gefoult worden, Herr Schwalb?“ Antwort: „Wenn der Schiri pfeift...“ — Und das nervt während jeden Spiels! Als Fußballreporter weiß man eben, was die Menschen zu Hause sehen, daß sie ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn den Schiriversager vor dem Kadi sehen wollen.

Gibt es immer noch Unklarheiten über die Berechtigung des Einwurfs für die Mannschaft in oliv, gibt es für den Schiedsrichter keine foule Ausrede mehr; denn jetzt holt der sympathische Schwiegersohntyp die Zeitlupe raus und spricht das Urteil. Wer sich jetzt nicht beim obersten Sportschaugericht für den falschen Pfiff entschuldigt, ist für eine Woche unten durch.

Was das alles mit Fußball zu tun hat? — Schade um die kostbare Sendezeit. Oder ist der Bundesligafußball so unansehnlich geworden, daß die Ausreden der Beteiligten besser sind? Bernd Schäfer-Zurhelle