Stasi-Akteneinsicht für Dunkelmänner

■ Vertraulicher Entwurf des Innenministeriums räumt Geheimdiensten Einsichtsrecht ein

Berlin (afp/dpa) — Den deutschen Geheimdiensten soll künftig in bestimmten Fällen der Zugriff auf Akten des ehemaligen DDR-Staatssicherheitsdienstes erlaubt werden. Dies sieht ein Gesetzesentwurf des Bundesinnenministeriums vor, den die 'Frankfurter Rundschau‘ jetzt in Auszügen veröffentlichte. Die Regelung soll jedoch nur für „Unterlagen, die keine personenbezogenen Daten von Betroffenen enthalten“, gelten. Auch alle BürgerInnen, über die die Stasi eine Akte angelegt hat, sollten diese Informationen einsehen und eine Kopie mitnehmen dürfen. Daten Dritter müßten dabei unkenntlich gemacht werden. Bei dem Entwurf handelt es sich um eine verfeinerte Ausarbeitung des geplanten Stasi- Unterlagen-Gesetzes; er gilt als „vorläufige Formulierungshilfe“, versehen mit dem Vermerk „vertraulich“. Als Betroffene sollen alle jene Personen gelten, von denen die Stasi Informationen gesammelt hatte und die weder Mitarbeiter noch Begünstigte waren.

Unterdessen mehren sich nach dem Mord an Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder die Stimmen für einen Zugang der Sicherheitsbehörden zu den Stasi-Akten, da bei dem Anschlag eine Zusammenarbeit zwischen Stasi und der RAF nicht völlig ausgeschlossen werden könne. Bundesjustizminister Klaus Kinkel (FDP) sprach sich erneut dafür aus, den Behörden „in einem gewissen und kontrollierten Umfang“ Einsicht zu gewähren. Als erster prominenter Bürgerrechtler verlangt jetzt auch der Bündnis90/Grüne-Abgeordnete im Bundestag, Konrad Weiß, den Behörden „unter richterlicher Kontrolle“ Zugang zu den Akten zu gewähren.

50.000 DM Belohnung ausgesetzt

SPD-Chef Hans Jochen Vogel äußerte sich dagegen zurückhaltend. Nach dem Einigungsvertrag hätten die Sicherheitsbehörden bei schweren Verbrechen bereits unbeschränkten Zugang zu diesen Akten. Er sei nicht überzeugt, daß die Verfassungsschutzämter in den Akten mehr fänden als die Sonderbehörde der Bundesregierung.

Das Bundeskrininalamt hat eine Belohnung von bis zu 50.000 Mark für Hinweise ausgesetzt, die zur Aufklärung des Mordes an Treuhandchef Detlev Karsten Rohwedder oder zur Festnahme der Täter führen, wie ein BKA-Sprecher mitteilte. Die bisher eingegangenen über 170 Hinweise aus der Bevölkerung hätten auch vier Tage nach der Tat keine heiße Spur gebracht. Die Ermittler seien daher „nicht sonderlich hoffnungsfroh“. Am Samstag will die Polizei in der Umgebung des Rohwedder-Hauses im Düsseldorfer Stadteil Oberkassel erneut Nachbarn und Passanten befragen, ob sie vor dem Mord besondere Vorkommnisse beobachtet haben.