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Wenn ein Tanklaster umkippt, ist es zu spät

■ Umweltverband will Straßensperrungen nahe Trinkwasserbrunnen/ Wasserbetriebe: Forderung unrealistisch, aber »im Prinzip« richtig

Berlin. Auf der Havelchaussee haben sich die Autofahrer vorerst durchgesetzt — doch um das Grundwasser auf Dauer vor ihnen zu schützen, machen UmweltschützerInnen jetzt erst recht mobil. So fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) eine Sperrung auch all der anderen Berliner Straßen, die durch Wassergewinnungsgebiete führen und noch nicht schutzzonengerecht ausgebaut sind. BUND-Sprecherin Christiane Bongarzt: »Wir wollen ein Durchfahrtsverbot für den motorisierten Individualverkehr, weil die Straßen alle nicht kanalisiert sind.« Bei den Wasserbetrieben hält man die Forderung »im Prinzip« für berechtigt. Sprecher Eike Krüger: »Die Straßen zu sperren ist aber unrealistisch, weil der Verkehr dann absolut zusammenbrechen würde.«

Laut Krüger liegen die angesprochenen Straßen alle in der Wasserschutzzone II, also in der engeren Umgebung von Trinkwasserbrunnen. Im Westteil seien das neben der Havelchaussee (zwischen Teltower Straße und Großer Steinlanke) der Schwarze Weg, der Marienwerder Weg, die Straße Im Saatwinkel (alle in Jungfernheide) und der Mückenweg (Kladow). Nach einer bislang noch nicht abgeschlossenen Austellung seien in Ost-Berlin mehrere Köpenicker Straßen rund um den Müggelsee betroffen: Der Müggelseedamm, der Fürstenwalder Damm, die Straße nach Fichtenau (in der Nähe des Bahnhofs Rahnsdorf), die Dahlwitzer und die Schöneicher Landstraße sowie die Sportpromenade (zwischen Grünau und Karolinenhof).

Daß für sämtliche der genannten Straßen zumindest die »abstrakte Gefahr« der Trinkwasserverunreinigung besteht, bestätigte auch der zuständige Abteilungsleiter in der Senatsumweltverwaltung, Delhaes: »Es wäre fatal, wenn irgendwann beispielsweise ein Öltanklastzug umkippt.« Die Wasserwirtschaftler im Hause seien deshalb der Meinung, »daß man prüfen sollte, ob die Straßen bis zum Ausbau gesperrt werden müssen«. Nicht bestreiten wollte Delhaes die Information des BUND, daß am Marienwerder Weg noch nicht einmal Verbotsschilder für Fahrzeuge mit wassergefährdender Ladung stehen.

Dem Umwelt-Abteilungsleiter zufolge hat die Wasserbehörde alle betroffenen Bezirke auf die Notwendigkeit des Straßenausbaus hingewiesen. Da die Bezirke erst Planungsunterlagen erstellen müßten, um den Investitionsbedarf anmelden zu können, sei jedoch mindestens in diesem Jahr mit einem Ausbau nicht mehr zu rechnen. Dringend erforderlich aber wäre unter anderem die Anlage von hohen Bordsteinen und die Installation von Abwassersammelleitungen, damit Schadstoffe nicht länger im Boden versickern. Die bundeseinheitlichen »Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wassergewinnungsgebieten«, die diese Schutzmaßnahmen vorschreiben, gibt es indes schon seit 1982. Trotzdem wurden die Beamten in den Westberliner Behörden genausowenig aktiv wie ihre Kollegen im Ostteil der Stadt. Denen war schon zu Honeckers Zeiten der umweltpolitischen Handlungsbedarf bekannt — doch sie taten nichts.

»Schon zu Anfang der achtziger Jahre gab es einen konkreten Magistratsbeschluß, den größten Teil der Straßen bei uns auszubauen«, erinnerte sich der Leiter des Köpenicker Tiefbauamtes, Winfried Mundus. Jetzt bestünden »gute Chancen«, daß im Jahr 1992 immerhin mit dem Umbau des Müggelseedamms begonnen werden könne. Mundus: »Das ist eine unserer allerschlechtesten Straßen, die wir ohnehin ausbauen werden. Dort müssen auch Radwege angelegt werden.«

Voraussetzung für den schutzzonengerechten Ausbau der anderen Straßen um den Müggelsee sei erst einmal die Anlage von Regen- und teilweise auch Schmutzwasserkanälen, sagte der Tiefbauamtschef. »Prinzipiell« sprach sich auch Mundus für ein zwischenzeitliches Durchfahrtsverbot aus. Dies würde allerdings den »Nerv der Verkehrserschließung der Stadtbezirke« treffen, meinte er — und schlug sich so letztlich doch auf die Seite der Wasserbetriebe. Thomas Knauf

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