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Jacobs Kaffeebohnen auf den Markt kippen!

■ Gespräch mit der Galeristin Katrin Rabus über die Tücken des Kunstsponsoring / taz-Serie zum Kultursponsoring

Katrin Rabus betreibt seit elf Jahren eine Galerie in Bremen, zunächst im privaten Ambiente in der Lothringerstraße, wo sie wohnt; seit letztem Jahr hat sie den Sprung gewagt und die Galerie in die ausgedehnten und hellen Räumlichkeiten einer ehemaligen Blusenfabrik in der Plantage (Findorf) verlegt. Der schönste Ausstellungsplatz Bremens bietet zeitgenössische, nichtgegenständliche Kunst mit dem Schwerpunkt monochrom und minimalistisch, also „schwere Kost“. Sie vertritt überwiegend auswärtige Künstler. Die taz befragt das Vorstandsmitglied des Deutschen Galeristen Verbandes nach ihren Erfahrungen mit großen und kleinen Kunstsponsoren, nach der Würde der Kunst und ihren Ratschlägen für Bremer KünstlerInnen, die auf der Suche nach Ausstellungsmöglichkeiten und dem großen Geld sind.

taz: Es gibt nicht viele Galerien, die betriebswirtschaftlich vernünftig funktionieren ...

Katrin Rabus: ...die wenigsten...

Da gehören Liebe zur Kunst und ein gewisses Maß an Idealismus zum Geschäft. Wie ist das Verhältnis von Galeristin und Mäzen oder Sponsor?

Ich kaufe ein Bild, weil ich's selber haben will. Noch nicht mal, weil ich's gut verkaufen könnte. Wenn ich eine Galerie mache — so war der Anfangsgedanke — kriege ich's etwas billiger; mit dem, was ich spare, kann ich dann selbst eine Galerie betreiben. Die Kunst zu lieben und zu unterstützen, das würde ich den Sponsoren absprechen.

Was sind Ihre Erfahrungen mit Sponsoring?

Eine ganz lächerliche: Kunstfrühling 1985 in Bremen. Es sollte eine Podiumsdiskussion in der Kunsthalle geben über die Rolle des Kunsthandels und der Galerien in dieser Stadt; die 1.000 DM Saalmiete wollte der Rolf D. Voss, der den „Stammtisch“ macht (regelmäßiges Treffen Bremer Pfeffersäcke / B.S.), regeln. Ein sehr reicher Bremer Kaufmann wollte das dann übernehmen, er wollte aber mit auf dem Podium sitzen. Er redete da auch, zitierte Goethe, war der große Kunstfreund. Und: hat nie die 1.000 DM bezahlt! Diese Unanständigkeit habe ich nicht für möglich gehalten. Das zweite Beispiel mit Sponsoring: Kunstfrühling '88. Da hatte man „Jacobs“ angesprochen, und die haben Kaffee angeboten. Das hätte ich auf den Marktplatz geschüttet! Das ist hier Sponsorentum in unserer Stadt! Als ich das den Künstlern so sagte, waren die ganz betreten. Aber die hatten keinerlei Selbstbewußtsein. Wenn ich aber kein Selbstbewußtsein habe, bekomme ich überhaupt nichts. Von anderen höre ich, die zu Bremer Firmen gegangen sind: „Firma zahlt gar nichts, privat gibt's 200 DM.“ Bei diesen lächerlichen Summen sollen die Leute lieber Kunst kaufen! Es kommt eine Form von Unmoral dazu, die im kaufmännischen Bereich vielleicht üblich ist. Es wird ausgespielt: Ich habe Geld und du keins. Sowas bekämpfe ich. Jetzt hängt an den Litfaßsäulen groß Jacobs-Suchard präsentiert Munic Philharmony Welturaufführung. Sooon Ding!

Katrin Rabus, Bremer GaleristinFoto: Sabine Heddinga

Für wen ist das? Wollen die eine Betriebsveranstaltung machen? Ein Promenadenkonzert? Der Stil ist noch nicht gefunden. So wie neulich dieser Prospekt der Stadt Achim, die mit einer norwegischen Firma was gemacht hat (Norwegische Kunst, Sponsor Hydro-Aluminium / B.S.). Man sah das, wie teuer das war.

Wie schätzen Sie Ausstellungsaktvitäten von Banken und Versicherungen wie der „Securitas“ ein?

Ein Ärgernis! Überflüssig! Wieviel Leute meinen, das sei Kunstförderung. Die sollten sich bei den Betroffenen erkundigen, was die brauchen. Wenn, dann sollen sie einen sauberen Ausstellungsraum herrichten. Getrennt. Nicht bei den Grünpflanzen, im Eingang, im Schaufenster. Sie sollen Ateliers einrichten. Ein Bild kaufen. Das können sie auch publizistisch verwerten. Was die Securitas macht, betrifft uns nicht. Da kriegt irgend so ein Designer vorm letzten Atemzug noch einen Herzschrittmacher und kommt nach Bremen. Leute, über die man gar nicht mehr redet!

Sind die Künstler nicht auch schon über eine Kneipe erfreut, wo sie ausstellen können?

Leider! Leider! Was viel zu wenig gemacht wird, ist die Atelierausstellung. Ich bin froh, daß der Kunstfrühling dieses Jahr die Ateliers aufmacht. Wer keine Ausstellungsmöglichkeit hat, der soll sich eine machen! Da haben die Bremer Künstler viel zu wenig Phantasie. Da heißt es immer: Wo gibt's denn hier Räume? Allein hier im Vorderhaus! Man braucht nur mal durch die Hafenanlagen zun fahren. Aber da müßten sie mal einen Pinsel in die Hand nehmen ...

Die Farbe müßte Malermeister x sponsern...

Das ist eine Frage der Ausbildung der Künstler. Da wird über solche Fragen doch nicht gesprochen.

Viel eher wird denen suggeriert, daß man sich um Sponsoring, Banken, Versicherungen kümmern muß, um Leute, die viel Geld haben. Dabei, daß gerade die Leute ihr Geld für Kunst ausgeben, ist eine Illusion. Wenn schon bei Banken oder Versicherungen ausgestellt wird, muß man vorher ausmachen, kauft ihr ein Bild? Zahnarztpraxis, Medienhaus ... die kaufen doch kein Bild! Das ist kein Sponsoring: Die wollen kostenlos ihre Wände geschmückt haben.

Eine Frage der Würde?

Ja. Die ist sehr klein. Selbst bei den Funktionären der Künstler. Sie lassen sich sehr schnell einfangen.

Würden Sie Künstlern raten, ihre materielle Basis anders zu sichern als durch die Kunst?

Ja! Würde ich immer raten. Es muß sowieso am Anfang so sein. Weil sie dann nicht in die Situation kommen, erpreßbar zu sein. Es gibt ja, ohne Kollegen zu nahe zu treten, finanzielle Abhängigkeiten; man muß nicht unbedingt korrekt mit dem Künstler abrechnen. Da der Galerist das Geld noch dringender braucht als der Künstler, weil sein Lebensstan

Hier

bitte

die

Frau

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dard höher ist, ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, daß das Geld bei ihm ankommt. Es gibt heute noch haarsträubende Verträge mit Galeristen. Da fehlt es in der Ausbildung an der Hochschule.

Sie machen kostenintensive Projekte wie jetzt das Klang-Raum- Zeit-Projekt ( Start im Juni mit dem Komponisten Hans Otte / B.S. ); wenn jetzt Daimler käme mit dem Stern und wollte die Hälfte übernehmen ...

„Sparkasse, BHW und der Drucker auf einer Einladungskarte“

Bestimmte Formen von Sponsoring wären für mich akzeptabel. Aber das würde immer über Kauf laufen. Das heißt, wenn ihr nicht kaufen wollt, wollt ihr auch die Kunst nicht unterstützen. Auf hohem Niveau läuft das ja, Philip Morris war ein gutes Beispiel, oder auf der Köln-Messe (Art Cologne / B.S.), da gibt es einen Benefiz-Abend, der kostet uns 60.000 DM. Sobald man da Mercedes und die Dresdener Bank hat, kriegt man auch American Express, gar kein Problem. Oder Telecom.

Was fehlt, ist eine richtige Agentur hier in Deutschland für Sponsoring. Ärgerlich sind die Klein- Klein-Sponsoren. Ich habe ja selber einen Künstler hier gehabt: Auf der Einladungskarte die Sparkasse, das BHW, der Drucker, vier Dinger auf einer Klappkarte, auf der nichts draufstand. War mir ganz peinlich. Die stehen für 500 DM hinten drauf. Ich würde sagen, unter 10.000 DM sollte man da nicht drüber reden.

Interview: Burkhard Straßmann

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