TOURISTEN BLEIBEN AUS

■ Angst vor Bürgerkrieg in Jugoslawien schreckt ausländische Gäste

Angst vor Bürgerkrieg in Jugoslawien schreckt ausländische Gäste

VONTHOMASBREY

Die seit Wochen nicht abreißenden Nachrichten über den drohenden Bürgerkrieg in Jugoslawien haben den Tourismus fast völlig lahmgelegt. „Die Muttergottes hinter Barrikaden“, titelte die Zagreber Zeitung 'Vjesnik‘. Sie spielt damit auf die Absage von 70 Prozent aller ausländischen Gäste im Marienwallfahrtsort Medjugorje im Hinterland der mittleren Adriaküste bei der Stadt Mostar an. Während in den Vorjahren über Ostern 15.000 Ausländer kamen, waren es in diesem Jahr nicht einmal 1.000. „Barrikaden auf den Straßen, gesprengte Gleise und Tote bei gewaltsamen Konflikten zwischen Serben und Kroaten haben dem Ort eine tote Saison beschert“, klagt das Blatt.

Jugoslawien steht die schlimmste Saison der letzten 30 Jahre bevor. In den ersten zwei Monaten dieses Jahres lagen die Deviseneinnahmen aus dem Tourismusgeschäft um 55 Prozent unter denen des Vorjahres. In der BRD, dem wichtigsten Urlaubspartner, verzichtete im Vergleich zur Vorsaison jeder zweite Sonnenanbeter auf eine Reise ans jugoslawische Meer. Noch schlimmer sieht es mit einem Rückgang von 57 Prozent bei den Italienern aus, woher die zweitgrößte Zahl der Gäste kommt.

Die treuen Jugoslawien-Urlauber aus dem Ausland sind zudem durch hohe Preise in den letzten Jahren abgeschreckt worden. Eis, Wein oder Limonade waren wegen eines unrealistischen Wechselkurses deutlich teurer als in Westeuropa. Weitere Minuspunkte waren das dürftige Freizeitangebot, schlechter Service, mangelnde Hygiene und chaotische Zustände bei der Überfahrt von der Küste zu den zahlreichen Inseln. Schließlich beklagen die Touristen Engpässe in der Benzinversorgung ebenso wie leere Regale in den Geschäften.

Hoffnung auf eine halbwegs normale Saison macht sich nur die nördliche Halbinsel Istrien. „Wir liegen Hunderte von Kilometern von den Krisenregionen entfernt“, wirbt der Bürgermeister der Touristenhochburg Rovinj, Davorin Flego, für diese Region.

In Jugoslawien macht der Individualreisende die größte Gästezahl aus. Gerade die Anreise mit dem eigenen Pkw könnte aber Probleme bereiten. Denn die kürzeste Verbindung von Zagreb an die dalmatische Küste bei Split führt geradewegs durch das von Unruhen erschütterte Gebiet der serbischen Minderheiten in der Republik Kroatien.