Massendemonstration in Rumänien

Bukarest (taz) — Hunderttausende demonstrierten am Freitag in Rumänien gegen die Regierung Roman und Präsident Iliescu. Sie folgten einem Aufruf der außerparlamentarischen Bürgerallianz. Die bekannte Bürgerrechtlerin Doina Cornea, die sowohl Mitglied der Bürgerallianz als auch des antitotalitären Demokratischen Forums ist, sprach vor mehr als hunderttausend Demonstranten in Bukarest von der „Notwendigkeit der Abschaffung kommunistischer Strukturen“ und forderte gleichzeitig die „Absetzung des bolschewistischen Staatspräsidenten und die Rückkehr des Königs“. Ähnliche Forderungen waren auch in weiteren zwei Dutzend rumänischen Städten zu hören. In Temeswar und in Iassy kritisierten die Demonstranten auch den kürzlich von Iliescu und Gorbatschow in Moskau unterzeichneten rumänisch-sowjetischen Freundschaftsvertrag.

Das in Bukarest tagende Demokratische Forum der Oppositionsparteien lehnte eine am Freitag von Premierminister Roman angebotene Koalition ab und faßte außerdem den Beschluß, zu einem späteren Zeitpunkt alle Abgeordneten der bürgerlichen Parteien aus dem Parlament zurückzuziehen. Nur der Vertreter des Ungarischen Verbands wollte diesem Beschluß ohne vorherige Beratung mit seiner Organisation nicht zustimmen. Die Bürgerallianz, die sich demnächst in eine politische Partei umwandeln will, verlangt den Rücktritt des derzeitigen Kabinetts und des Landespräsidenten sowie Neuwahlen. Auf der Landesversammlung des Forums wurde der Vorschlag geäußert, einen gemeinsamen „Aktionsblock“ aller Oppositionsparteien und Bürgerrechtsbewegungen zu bilden.

Vor dem Gebäude des rumänischen Fersehens organisierten Mitglieder der Bürgerallianz und der Gesellschaft ehemaliger politischer Häftlinge eine Mahnwache, um ihrer Forderung nach Rücktritt der Leitung dieser als „korrupt“ bezeichneten Institution Nachdruck zu verleihen. Das Fernsehen wird zudem in einer am Sonnabend in der 'Romania libera‘ erschienenen „Erklärung“ der Bürgerallianz als „wichtigstes Instrument zur Verteidigung der derzeitigen Macht“ bezeichnet und der „Kompromittierung der Reformideen“ bezichtigt. William Totok