Prostitution im Landtag Sachsens kein Thema

■ Parlament wies Antrag zum Thema Prostitution und zur Arbeitsplatznot von Bündnis 90/Grüne zurück

Dresden. Immer haarscharf am Alltag der WählerInnen dran, befaßte sich der sächsische Landtag gestern zum Ende seiner dreitägigen Sitzung endlich mit dem Landesjagdgesetz und mit dem Gesetz über das Wappen des Freistaates Sachsen. Mehrere Anträge vom Bündnis 90/Grüne fielen dafür unter den Tisch des Landtagspräsidiums. Eine aktuelle Debatte über Prostitution in Scharen sei „nicht relevant“, wie Cornelia Matzke, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, das Präsidium zitierte, Bündnis 90/Grüne hatte die Debatte angesichts des immer brutaler an den Prostituierten ausgetragenen Zuhälterkampfes beantragt. Das Land sollte durch soziale Hilfsprogramme eine Kriminalisierung der Prostituierten ausschließen. So war an Hilfe für AussteigerInnen gedacht. Prostituierte sollten Interessenvertretungen bilden können, die von den Kommunen als Partner für die Verbesserung der Situation dieser Frauen anerkannt werden. Wann sich das männerdominierte Parlament dazu eine Meinung bilden wird, ist noch unklar.

Inzwischen trafen sich Vertreter der Stadt, Polizei, Gesundheitsbehörde mit Prostituierten und Vertretern aus Frankfurt/Main und Hannover, um über Möglichkeiten zu diskutieren, ein kriminelles Umfeld zu verhindern. Im Gespräch ist eine Sperrgebietsordnung, die vor allem dicht besiedelte Wohngebiete vor Prostituierten schützen sowie die Damen des Gewerbes besser durch die Polizei schützen soll. In der Diskussion war ebenfalls ein legales Bordell, nach dem Stuttgarter Beispiel des Dreifarbenhauses. Betrieben werden sollte es nicht von der Stadt, sondern von einer dafür geeigneten Privatperson.

Ebenfalls keine Chance bekam die vom Bündnis 90/Grüne vorbereitete Erklärung „Sachsen wird leben“. Wie Cornelia Matzke gegenüber der taz erklärte, wurde der Antrag vom Präsidium des Landtages an die Regierung überwiesen. „Erneut holt sich der Landtag erst das Plazet der Regierung ein, bevor er selber Stellung bezieht.“ Die Fraktion halte es aber für die Pflicht der „Verteter des Volkes“, die Diskussion über die sozialen Nöte und Sorgen der Menschen wahrzunehmen. „Kein Arbeitsplatz darf gestrichen werden, bevor nicht ein neuer geschaffen wurde“, heißt es in der Erklärung der Fraktion. Matzke wies darauf hin, daß vorhandene und notwendige Arbeitsplätze, so im Gesundheitswesen, vernichtet werden und als ABM wieder auftauchen. Anstatt der ABM-Statistik nachzuhelfen, sollten die Gelder für feste, normale Arbeitsverhältnisse ausgegeben werden. Subventionen privater Unternehmen dürften nur noch auf der Basis einer einklagbaren Arbeitsplatzbeschaffung fließen. Die Fraktion beruft sich auf Angaben des Institutes der deutschen Wirtschaft, wonach private Unternehmen bis zu 75 Prozent der Investitionskosten vom Staat kassieren können. Gewerbekapital- und Vermögenssteuer sollten erhalten und Schuldzinsen des Landes und der Kommunen gestrichen werden. Offene Eigentumsfragen seien sofort zugunsten der öffentlichen Hand zu klären. Auf das unlängst von der SPD-Fraktion vorgestellte Modell „Arbeitsplätze für Sachsen“ angesprochen, erinnerte Cornelia Matzke an die Bemühungen von Bündnis 90/Grüne, über Fraktionsgrenzen hinweg in einer Sondersitzung des Landtages die sächsische Strukturpolitik zu diskutieren. Die für solch einen Antrag nötigen 40 Abgeordnetenstimmmen seien bisher noch nicht zusammengekommen. dek