Künstliche Befruchtung — ein Männerproblem?

■ Sieben Herren und eine Frau saßen auf dem Podium des 'SZ‘-Forums/ Gesundheitliche Risiken waren kein Thema

München (taz) — Künstliche Befruchtung ist umstritten. Daß in einer Gesprächsrunde über künstliche Befruchtung acht Männer und eine Frau sitzen, ebenfalls. Am Dienstag abend veranstaltete die 'Süddeutsche Zeitung‘ in München eine Podiumsdiskussion zum Thema: „Ein Kind um jeden Preis. Künstliche Befruchtung im Spannungsfeld von Ethik und Recht“. Im Podium saßen fünf Ärzte, zwei Theologen, ein Jurist und eine betroffene Frau.

Einige Frauen protestierten heftig dagegen, daß nur Männer über Behandlungsmethoden diskutierten, die Frauen betreffen. „Ich habe wirklich versucht, kompetente Frauen hier zu haben. Aber die haben alle abgesagt“, rechtfertigte sich der Moderator Hermann Hepp, Direktor der Münchner Frauenabteilung im Klinikum Großhadern. Die Männer haben nicht abgesagt. „Es gibt genügend Expertinnen in München zum Thema Fortpflanzungsmedizin. Die wurden gar nicht gefragt“, sagte Monika Metzeler vom Frauengesundheitszentrum. Die Schmerzen und die großen Risiken, die solche Behandlungen für Frauen in sich bergen, seien in der Diskussion überhaupt nicht zum Vorschein gekommen. Die gesundheitlichen Risiken von künstlichen Befruchtungen reichen von hormoneller Überstimulation der Eileiter, Nebenwirkungen der Hormone, Operations- und Verletzungsrisiko, Eileiterschwangerschaften bis zu Todesfällen. Metzeler beklagte auch, daß eine „Vorzeigefrau“ im Podium saß und keine Frau, die jahrelang Mißerfolge und Leiden hinter sich habe. „Man wollte nur verhindern, daß kritische Stimmen laut werden“, sagte Monika Metzeler nach der Veranstaltung.

Jutta Dachs, einzige Frau auf dem Podium, hat nach fünf künstlichen Befruchtungsversuchen einen Sohn. Um mit den psychischen und körperlichen Belastungen besser fertig zu werden, gründete sie eine Selbsthilfegruppe für kinderlose Ehepaare, die zur Zeit 100 Mitglieder hat. „Oft dauert es Jahre, bis überhaupt die Ursache für die Kinderlosigkeit festgestellt wird.“ Tägliche Arztbesuche seien zeitaufwendig, viele Frauen nehmen Anfahrten bis zu 200 km zur nächsten Klinik in Kauf. Probleme mit dem Arbeitgeber seien da vorprogrammiert.

„Zwischen 12 und 15 Prozent der Paare gehen nach einer künstlichen Befruchtung mit einem Kind nach Hause“, war die Bilanz vom Oberarzt der Universitätsfrauenklinik in Bonn, Klaus Dietrich. Der Versuch einer künstlichen Befruchtung kostet 3.000 Mark, ein Kind etwa 20- bis 25.000 Mark. Wahrscheinlich hieß die Veranstaltung deshalb: „Ein Kind um jeden Preis“. Karin Mayer