Boas müder Voodoo-Klub

■ Phillip Boa ruhte sich im Aladin auf seinem Kultstatus aus

Vorne die Pogotänzer, hinten die Feingeister — daran hat sich nichts geändert, und Phillip Boa bietet seinem gemischten Publikum auch immer noch einen smart durchgestylten Cocktail aus Popzitaten, Underground und teutonischem Theaterdonner. Aber diesmal wirkte alles merkwürdig fade — Boa und die Band spielten die bekannten Songs recht lustlos herunter und all die Rock'n'Roll- Attitüden, die Boa früher mit viel Gusto und ironischer Distanz vorführte, wirkten jetzt wie kalkulierte Inszenierungen des eigenen Kultes.

Viel zu oft rutschte er auf den Knien im Bühnennebel herum, die linkischen Tanzbewegungen wirken wie von einem Choreographen eingeübt, und mit seiner Jim-Morrison-Imitation kann er in jeder Rudi-Carrell-Show auftreten.

Die halbherzige Zerstörung des Mikrophonständers am Ende des Konzerts ist inzwischen genauso zum Ritual geworden wie die gelangweilte Miene seiner (Ex-??)Freundin Pia Lund an den Keyboards.

Vielleicht hat Boa auch nur einen schlechten Tag gehabt, aber nach seinen überall verbreiteten Ankündigungen, er wolle sich für

Einige Jahre Rückzug nach Malta, das hat er auch nötig

mehrere Jahre nach Malta zurückziehen, hatte man nach dem Konzert das Gefühl, genau das habe er auch dringend nötig. Selbst der Veranstalter warb damit, dies sei „die vorerst letzte Gelegenheit“, „diese Kultfigur“ zu erleben, und da wunderte man sich schon ein wenig, wenn Boa von der Bühne herab auf die Presse schimpfte: all das sei Unsinn, und er habe gerade jetzt erst den richtigen Spaß an Live-Auftritten gefunden.

Wenn die ganze Malta-Story nur ein PR-Gag war, hat Boa aus der Geschichte des Showbusiness noch ganz andere Sachen gelernt als Gitarrenriffs der glorreichen Sechziger und bühnenwirksame Exzentrik.

Willy Taub