Schwerin kickt den SFB wieder hinaus

■ Nordostdeutscher Rundfunk vorerst gekippt

Schwerin/Berlin. Das Landesparlament von Mecklenburg-Vorpommern hat dem SFB gestern einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Gegen den Willen von Ministerpräsident Alfred Gomolka (CDU) und gegen eine bereits getroffene Vereinbarung der Staats- und Senatskanzleien von Schwerin, Potsdam und Berlin votierten die Abgeordneten gegen den geplanten Nordostdeutschen Rundfunk, in dem sich die zukünftigen Länderanstalten von Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern vereinigen sollten. Weil Gomolkas Koalitionspartner FDP sich der Stimme enthielt, kam ein Antrag der SPD nach turbulenter Debatte durch, der einen Staatsvertrag mit dem NDR in Hamburg favorisiert.

Da half auch ein eilig eingebrachter Zusatzantrag der beiden Koalitionspartner CDU und FDP wenig, der etwas Verzögerung ins »Verhandlungs«-Spiel bringen sollte.

Klar war von vornherein: Ohne die Mithilfe »abtrünniger« FDP-Abgeordneter hätte die Opposition ihre NDR-Träume vergessen müssen. Aber die Liberalen hatten bereits vor der Sondersitzung im Schweriner Schloß ihre Option in Richtung Hamburg deutlich gemacht. Auch noch so viele vom Schweriner Regierungschef aufgezählte Vorteile des nordostdeutschen Konzepts brachten keine Umstimmung.

Dennoch will Gomolka an den Plänen für einen NOR mit Berlin und Brandenburg festhalten. Von der offensichtlichen Abstimmungsniederlage im Landtag — der ersten während seiner bisherigen Amtszeit — zeigte er sich jedenfalls wenig beeindruckt. Statt dessen rechne er auf die »Kraft der guten Argumente«, die sich im Laufe der Zeit seiner Meinung nach noch durchsetzen würden. Und auch für die Frage, ob der denn jetzt etwa an Rücktritt denke, hatte Gomolka nur ein Lächeln übrig. Er wird also beides tun — für den Nordostdeutschen Rundfunk kämpfen und überlegen müssen, wie ernst er die Signale des Parlaments nimmt. Schließlich braucht er bei der endgültigen Rundfunk-Entscheidung dessen Mehrheit.

Der SFB sieht den Kampf um den NOR trotzdem noch nicht verloren. Wie der Pressesprecher des Senders, Erich Nieswandt, erklärte, hoffe der SFB darauf, daß die Vernunft die Oberhand gewinnen werde. Nach Nieswandt sei die Entscheidung des Landtages keine gegen den Nordostdeutschen Rundfunk. Er erinnerte jedoch an die knapper werdende Zeit, da am 1. Januar 1992 die neuen Sender startklar sein müßten. SFB-Intendant Günther von Lojewski war gestern zu keiner Stellungnahme bereit. Nieswandt begründet das Schweigen aus der Masurenallee damit, daß es sich bei dem Landtagsbeschluß um eine politische Entscheidung handele und der SFB auf keinen Fall Parlamentarier beeinflussen möchte. dpa/taz