KurdInnen als größte Gewerkschaft

■ 5.500 KollegInnen bei 1.Mai-Kundgebung in Bremen-Mitte, 1.200 in Bremen-Nord

Heraus zum Kampftag mit TraditionFoto: Sabine Heddinga

Wer gestern in Bremen-Mitte den 1. Mai-Zug an sich vorbei spazieren sah, konnte fast meinen, die größte Einzelgewerkschaft seien die KurdInnen. Kurdische Familien und Einzelpersonen stellten hinter ihren roten Transparenten den beachtlichsten Demonstrations-Block, waren auch die einzigen, die eine Forderung skandierten: „Schluß mit dem Massaker in Kurdistan“.

Die bremischen Einzelgewerkschaften selbst waren mit ihren herkömmlichen Emblem-Fahnen vertreten: Von (grüner) Polizeigewerkschaft bis (orangener) Nahrung-Genuß-Gaststätten. Nur selten trugen GewerkschafterInnen konkrete Forderungen vor sich her: wie etwa die nach dem „Umweltauto“ (IG-Metall) oder nach „Freier Fahrt für Busse und Bahnen“ (ÖTV). Für Beschwingheit sorgte eine Samba-Gruppe. Phantasie bewiesen auch KriegsgegnerInnen von der GEW, die mit schwarz- rot-goldenen Wangen und UNO-Blauhelmen aus Pappe ausgestattet waren. Auf ihren Helmen hockten putzige Friedensvöglein. Längst aufgelöst geglaubte Gruppen wie die „sozialistische“ SDAJ versuchten derweil, Flugblätter loszuwerden. Und ein Novum: drei DGB-Mitarbeiterinnen kritisierten auf ihrem Transparent, daß der DGB als Arbeitgeber, bundesweit eine Betriebsvereinbarung mit seinem Gesamtbetriebsrat aufgekündigt hat.

5.500 „Kolleginnen und Kollegen“ zählte der DGB in Bremen-Mitte, die Polizei sichtete in Bremen-Nord auf dem Sedan-Platz mindestens weitere 1.200. Auf dem Bremer Marktplatz leitete der hiesige DGB-Kreisvorsitzende Siegfried Schmidt die Kundgebung ein (allerdings ohne es für nötig zu halten, sich vorzustellen, was bei der Küchenarbeiterin neben mir für Irritatin sorgte: „Wer ist das?“). Den ersten Beifall bekam Schmidt für seine Forderung: „Waffenhändler müssen als Schwerverbrecher verurteilt werden“.

Das eigentliche Thema der diesjährigen Kundgebungen, die Solidarität mit den „Kolleginnen und Kollegen“ in der Ex-DDR (“Soziale Einheit in Frieden und Freiheit“) brachte keiner der Redner überzeugend über. Eine Ex-DDR-KollegIn war für das Redepult nicht vorgesehen. Zum Abschluß sprach der kurdische Menschenrechtler Sertac Bucak und fragte: „Wo bleiben die Proteste der NATO-Länder gegen die menschenverachtende Politik der Türkei?“ B.D./ubu