Schreckliche Aufregung: „Rauchende Frauen nicht unterstützen“

■ Die Kritik an der Ökobank — teils um belanglose Einzelprobleme, teils um die Geschäftspolitik, aber immer im Spannungsfeld mit der Basis

Frankfurt/Main (taz) — An den Überlebensfragen der Menschheit entlang verläuft auch in Sachen Ökobank die Trennungslinie zwischen denen, die die kleine Bank am Main als „ihre“ Bank akzeptiert haben und deshalb über ihre Kinderkrankheiten großzügig hinwegsehen, und denen, die zur Kritik an den ÖkobankerInnen keine Gelegenheit auslassen. Die Genossin Hannelore Höppner aus Neustadt etwa will ihr Geld dort nicht mehr anlegen, weil in der 'Ökorrespondenz‘ — das ist die Mitgliederzeitung der Ökobanker — eine „emanzipierte Frau mit Zigarette in der Hand“ für den Projektsparbrief Frauen warb. Auch Gudrun Eberhard aus Marburg hat die Reklame mit Greta Tüllmann, der Chefredakteurin der Zeitschrift 'Frauen ab 40‘, „schrecklich aufgeregt“: Rauchende Frauen, so ihre Forderung, sollten von der Ökobank nicht unterstützt werden. Und als das Blatt über Werbeeinnahmen finanziert werden sollte, gab es an der Bankbasis gleichfalls einen kollektiven Aufschrei. Dabei hatte es sich nur um eine Anzeige der Firma „Waschbär“ gehandelt — sie bietet Ökoprodukte wie einen stählernen Dauerfilter für Kaffee an.

Nach drei Jahren Geschäftsbetrieb, so Vorstandsmitglied Oliver Förster, habe man gelernt, auf Kritik gelassener zu reagieren als in der Vergangenheit. Und deshalb kontern die ÖkobankerInnen solche Einlassungen der werten Kundschaft mit knappen Randbemerkungen: Noch, so Jutta Gelbrich, sei das Rauchen kein Kreditausschlußkriterium. Auch ökologisch engagierte Menschen wiesen Brüche in ihrem Verhalten und ihrem Selbstverständnis auf — Gelbrich raucht selber.

Vielfach würden „Giftigkeiten“ allerdings, so heißt es, von denen „kampagnenmäßig organisiert“, deren Kreditanträge von den ÖkobankerInnen mangels Solvenz abgelehnt worden seien. Daß es auch berechtigte Auseinandersetzungen um die Geschäfte der AlternativbankerInnen gibt, streitet Vorstandsmitglied Förster nicht ab. Daß die Ökobank nach drei Jahren Geschäftstätigkeit noch immer keine schwarzen Zahlen schreibt, ist ein Vorwurf, der die ÖkobankerInnen trifft. Allerdings sei es bei der Größe der Ökobank „durchaus üblich und vertretbar“, daß eine Kostendeckung erst nach dem dritten Geschäftsjahr erreicht werde.

Geharnischte Kritik hagelt es aber auch aus der Ecke der Ökobank-Initiativen in der Republik. Obgleich der Geschäftsbeschränkung auf das Rhein-Main-Gebiet schon seit dem 1. Januar letzten Jahres Historie wurde, komme es erst zum Ende dieses Jahres zur ersten Filialgründung in Freiburg. Offenbar, so die Vorwürfe, wollten die ÖkobankerInnen in Frankfurt so lange wie möglich alle Fäden selbst in der Hand halten. Die Bank, so Kritiker Bruno Pesch aus Hürth, zeige wenig Interesse an den Gruppen vor Ort. Und vor allem mangele es an deren Unterstützung.

Befürchtungen, daß die Ökobank im Zuge der Professionaliserung eine ganz normale Bank werden könnte, plagen Teile der Basis schon seit der Gründung, obgleich immer mehr GenossInnen akzeptieren, daß ein Bank nicht geführt werden kann wie eine Holzkooperative im Vogelsberg. „Wie die Jahreszeiten“, so ist aus der Zentrale zu hören, schlage sich die Debatte „Alternativbank versus Superbank“ in rhythmischen Intervallen vor allem in der fundamentalistischen Selbstverwaltungszeitschrift 'Contraste‘ nieder. Hauptvorwurf: Die ÖkobankerInnen würden von oben nach unten die Meinungsbildung der Bankbasis beeinflussen und sich genehme „Funktionäre“ heranziehen.

Und da wird auch schon einmal der Geschäftsbericht der Bank gegen die Zentrale gerichtet, weil der „nur in einer kaufmännisch- juristisch-bürokratischen Sprache“ abgedruckt werde. Doch, so Oliver Förster, sei er nun einmal keine „Unterhaltungslektüre“. Die Ökobank bleibe ein selbstverwalteter Betrieb, der seinen 17.000 Mitgliedern gehöre. Allerdings sei auch die Ökobank dem Kreditwesengesetz unterworfen. Und das schreibe nun einmal hierarchische Strukturen in einem gewissen Umfang vor und regele die besondere Funktion des Vorstandes. Die „masters of the universe“, wie der Erfolgsautor Thomas Wolfe die New Yorker Spekulanten- Yuppies nannte, sitzen also nach wie vor in den Wolkenkratzern von Frankfurt — und nicht im zweiten Stock eines Bürohauses in der Brönnerstraße. kpk