Weiske ist „politsch verantwortlich“

Frankfurt/Main (taz) — Die Grünen in Thüringen werten als Alarmsignal, daß nach den Vorstandswahlen auf der Bundesdelegiertenkonferenz (BDK) der Grünen in Neumünster von Ex-Vorstandsmitglied Ströbele und Ex-Schatzmeister Vogel umgehend Ehrenerklärungen für die neue Vorstandssprecherin Christine Weiske abgegeben wurden. Ihr Landesgeschäftsführer und BDK-Delegierter Carl-Heinz Grabe warf den Parteitagsstrategen gestern vor, eine Debatte um die politische Verantwortlichkeit von Weiske für den sich abzeichnenden Finanzskandal in der Berliner Hauptgeschäftsstelle der Ost-Grünen „abgewürgt“ zu haben. Grabe legt allerdings Wert auf die Feststellung, daß bislang keinerlei Beweise für eine direkte Beteiligung von Weiske an den „finanziellen Unregelmäßigkeiten“ vorlägen. Fakt sei aber, daß der Verbleib von mehreren 100.000 DM nach wie vor ungeklärt sei — „und daß Weiske als ehemaliges Vorstandsmitglied der DDR-Grünen in jedem Fall die politische Verantwortung dafür zu tragen hat“ (Grabe).

Eine Kandidatur von Weiske für den Bundesvorstand der Gesamtpartei vor der Aufklärung der Finanzaffäre war für die Grünen aus Thüringen deshalb „völlig indiskutabel“. Daß entgegen der „grünen Gepflogenheiten“ eine Kandidatenbefragung respektive eine Kandidatendiskussion vor dem Wahlakt nicht zugelassen wurde, ist für die Thüringer ein Verstoß gegen die „besonderen moralischen und basisdemokratischen Ansprüche“ der Partei. Und daß es Christine Weiske — obgleich sie „mehrfach persönlich angesprochen und angeschrieben“ worden sei — ablehnte, sich zu den undurchsichtigen Vorgängen in der Berliner Hauptgeschäftsstelle der Ost-Grünen zu äußern, sorgte zusätzlich für Empörung in den Reihen der thüringischen Grünen. Bereits auf dem letzten Parteitag der DDR-Grünen im September 1990 in Magdeburg habe Weiske Kritik an der „etwas großzügigen Geschäftsführung“ der Berliner Zentrale „erfolgreich abgeschmettert“. Die Grünen in Thüringen fordern vom Bundesschatzmeister umgehende Aufklärung. Kpk