Bush bleibt beim Joggen Luft weg

US-Präsident nach Schwächeanfall beim Joggen im Krankenhaus/ Gerüchte über Verwicklung in Geiselaffäre sind offenbar gesundheitsgefährdend  ■ Aus Washington Rolf Paasch

Was Saddam Hussein nicht geschafft hat, ist jetzt offenbar als Folge eines hausgemachten Skandals eingetreten: Nach halbstündigem Joggen auf seinem Wochenendsitz von Camp David ist George Bush vorübergehend die Luft ausgegangen. Der 66jährige US-Präsident wurde am Samstag mit Herzflattern vorsichtshalber ins Marine-Hospital von Washington eingeliefert, wo er über Nacht zur Beobachtung bleiben mußte.

Nach den Rhythmusstörungen in der vorderen Herzkammer des Präsidenten schien für einige Momente auch der Puls der Nation stehenzubleiben. Nicht nur der Katastrophenkanal CNN, sondern gleich sämtliche TV- Networks schalteten sofort von ihrem regulären Abendprogramm auf Live-Berichterstattung um. Allein die Vorstellung, dem Vizepräsidenten Dan Quayle könnten die Amtsgeschäfte übertragen werden, brachte Tausende von US-BürgerInnen in die Nähe akuter Infarktgefahr.

Im Weißen Haus beantwortete Regierungssprecher Marlin Fitzwater die Fragen der rasch versammelten KorrespondentInnenschar, deren Erkundigungen über den medizinischen Zustand George Bushs stellenweise die intellektuele Schärfe ihrer Fragen während des Golfkrieges übertraf. „Welche Pillen nimmt der Mann?“ „Was nimmt er im Augenblick zu sich?“ oder: „Joggt unser Präsident nicht zu viel?“ Keine Gelegenheit ließ das Pressecorps des Weißen Hauses aus, dem Schwächeanfall des notorischen Joggers auf den Grund zu gehen.

Vor dem Marinehospital standen aufgeregte ReporterInnen und versuchten, schnell herbeigeholten Ärzten Ferndiagnosen über den Gesundheitszustand des Mannes zu entlocken, dessen sportlichen Fähigkeiten sonst seine politischen Leistungen um Längen zu übertreffen scheinen.

Würde solche investigative Neugier auch bei der Aufklärung politischer Skandale an den Tag gelegt, könnte Bushs Pulsschlagfrequenz erneut in die Höhe schnellen. Ob es einer jener Skandale war, der dem erfolgreichen Golfkrieger jetzt die Luft nahm, wird wohl George Bushs Geheimnis bleiben.

Seit Wochen zirkulieren in Washington neue Gerüchte und Anschuldigungen, wonach Bush 1980 in einen „Geiseldeal“ verwickelt gewesen sein soll. Als Vertreter der Wahlkampfmannschaft Ronald Reagans soll er mit dem Khomeini-Regime vereinbart haben, gegen Waffenlieferungen die Freilassung der 52 US-Geiseln bis nach den Novemberwahlen hinauszuzögern, um einen Wahlsieg des damaligen Amtsinhabers Jimmy Carters zu verhindern. „Die Story, die einfach nicht sterben will“ ('Washington Post‘) hatte den Präsidenten jedenfalls noch am Freitag sichtlich erregt. „Hört doch endlich mit der Wiederholung dieser immer wieder auftauchenden Gerüchte auf“, hatte ein indignierter Bush auf Reporterfragen reagiert. „Das macht einen ja krank.“