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VON UNSEREM LIEDGUT-KORRESPONDENTENHeiß wird nur den verbratenen Künstlern

■ Ein aktueller Zwischenwelt-Festival-Zwischenbericht

Absoluter Streß, flüstert mir einer der Organisatoren ins Ohr, wir wissen nicht, wo wir die vielen Leute unterbringen sollen. Der Mann beweist Humor.

Mittwoch, kurz nach 18 Uhr: etwa fünfzig Hörbereite verteilen sich, locker drapiert, über den Innenhof des Jungtalenthauses. Zwei Drittel von ihnen tragen das Buttom der Zugehörigkeit. Die Journaille sucht verzweifelt nach Volkes Meinung. Japanische Kirschen in Blütenpracht, Temperaturen wie im Februar: wer nach einem Symbol für das Alte im Neuen sucht, wird schon an dieser Stelle fündig. Heiß wird im Hof nur den verbratenen Künstlern, die wieder einmal Dienst an der Sache schieben. Zwischenwelt-Festival heißt sie diesmal. Wegen akuter Erkältungsgefahr erklären die Veranstalter das Open air alsbald zur Gefahrenzone, alles weitere an diesem Abend bei annehmbaren Temperaturen im Hause. Gelangweilt stehen Ordner herum, gegen das organisatorische Chaos dürfen sie nichts unternehmen. Ingo (Azubi), vom Ordnungsverein hierher vermittelt, steht der Sache leidenschaftslos gegenüber. »Ich zieh' mir das hier rein, gar nicht so schlecht manches. Aber meine Welt heißt electronic body music, Depeche Mode und so.«

Sein Kollege André nennt in schneller Abfolge ein paar Vorteile dieses Jobs: Geld, umsonst in Konzerte (»Kultur aneignen«, sagt er), Leute kennenlernen. Und er befindet, daß das schon ganz in Ordnung ist mit dem Festival. »Erhaltenswert«, sagt er. Noch vor sechs Wochen stand alles auf der Kippe. Kommen genug Künstler? Zeigt sich die von Senat eingesetzte Hausverwaltung kooperativ? Hat Herr Roloff-Momin Verständnis für das Anliegen? Doch, oh Wunder, von allen Seiten kamen Signale des guten Willens. Einziger Unsicherheitsfaktor — das Publikum. Von 60.000 redet selbstredend keiner mehr, die Zeiten sind vorbei. Im HdjT waren es an diesem Abend knapp 200, die den Barden aus USA, Iran oder Senegal lauschten. U.B.

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